Risikogruppen

Der Begriff Risikogruppe wird im Kontext zu möglichen Gesundheitsrisiken, die durch Feuchte- und/oder Schimmelpilzschäden in Innenräumen verursacht werden können, sowohl für die Einteilung der verschiedenen Schimmelpilze Pilze sind weit verbreitete Organismen auf der Erde und besiedeln unterschiedlichste Substrate, auf oder in denen sie auf Grund ihrer   in Risikogruppen als auch für die Konstitution Körperliche und seelische Verfassung, Widerstandskraft eines Lebewesens, anlagebedingte "Gesamtverfassung". ( Prädisposition Die Empfänglichkeit einer Person für eine bestimmte Erkrankung. und Disposition) der Raumnutzer in Risikogruppen verwendet. Hierzu muss eingangs erwähnt werden, dass die überwiegende Mehrzahl der bekannten Schimmelpilze für den Menschen völlig harmlos sind und durch das Immunsystem nicht einmal wahrgenommen werden. Gleichzeitig sind die meisten Menschen gegen die Aufnahme von biogenen Stäuben inkl. der von Schimmelpilzen produzierten Mykotoxine und/oder MVOC, aktiven (viable) oder inaktiven (non-viable) Schimmelpilzsporen sowie anderen mikrobiellen Partikeln (z. B. Hyphen (aus dem griech. = das Gewebte) meistens verwendet für fadenförmige, evtl. verzweigte, Schimmelpilzzelle. Die Hyphen dienen der Ernährung oder der , Myzelien) immun. Anders verhält es sich z. B. bei Menschen mit einer Immunsuppression bzw. Immunschwäche.

Aus diesem Grund werden in der TRBA 460 Bei der TRBA 460 handelt es sich um die Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe, mit denen die Einstufung von Pilzen „Einstufung von Pilzen in Risikogruppen“ die unterschiedlichen Schimmelpilze in 4 Risikogruppen unterteilt. Diese sind u. a. für eine Gefährdungsbeurteilung sowie der Festlegung von Schutz- und Hygienemaßnahmen während der Schimmelpilzsanierung relevant:

  • Risikogruppe 1 umfasst Pilze Pilze sind chlorophyllfreie Organismen mit heterotropher Ernährungsweise (Ernährung durch Aufnahme organischer Nahrung), die sich durch Sporen verbreiten und vermehren. Alle , bei denen es „unwahrscheinlich“ ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit verursachen. Hierzu zählen auch Arten, die bei stark immungeschwächten Personen Krankheiten verursachen können oder Arten, denen „nur“ ein allergenes Potenzial zugeschrieben wird. Typische Vertreter sind z. B. Alternaria Unter Alternaria werden eine etwa 50 Arten umfassende, weltweit verbreitete Anamorph-Gattung der Hyphomycetes mit dunklen, muriform septierten Conidien zusammengefasst, die alternata oder Aspergillus versicolor Der Aspergillus versicolor ist ein Schimmelpilz, der Getreide, Lebensmittel und verschiedene Fleischprodukte befällt. In Innenräumen wird diese Art häufig in .
  • Risikogruppe 2 umfasst Pilze, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr Die Beurteilung möglicher Gefahren beantwortet die Frage, ob ein Stoff für Mensch oder Umwelt gefährliche Eigenschaften aufweist. Die Klassifizierung gefährlicher darstellen können. Eine Verbreitung des Pilzes in der Bevölkerung gilt als unwahrscheinlich. Eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich. Typische Vertreter sind z. B. Aspergillus fumigatus Der Aspergillus fumigatus ist als Schimmelpilz weltweit verbreitet und ausgesprochen thermotolerant. Dies bedeutet, dass diese Art in einem weiten Temperaturspektrum oder Aspergillus flavus Aspergillus flavus ist ein sehr wärmeliebender Schimmelpilz, der überall in Böden und auf Getreide vorkommt. In warmen Gebieten kann der sowie Candida albicans Candida albicans ist ein Pilz, der zu der Gruppe der Hefepilze gehört. Dieser Pilz ist bei Menschen häufig auf den .
  • Risikogruppe 3 umfasst Pilze, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr darstellen können. Die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist gegeben. Normalerweise ist eine Vorbeugung oder Behandlung möglich. Typische Vertreter sind z. B. Coccidioides immitis, Histoplasma capsulatum oder Blastomyces dermatitidis Es handelt sich um einen dimorphen Hefepilz. Er lässt sich auf Spezialnährböden anzüchten und bildet dort Schimmel. Der Keim ist (Erreger schwerer Systemmykosen, die den ganzen Körper betreffen können).
    • Risikogruppe 4 umfasst Pilze, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen. Die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung wird als groß eingestuft. Normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich. Allerdings sind zurzeit keine Pilze der Risikogruppe 4 bekannt.

Grundlage der Risikoeinteilung sind Kriterien wie z. B. das natürliche Vorkommen und die Verbreitung der Mikroorganismen Mikroorganismen stellen die Wurzel des „Stammbaums des Lebens“ auf der Erde dar. Sie produzieren etwa zwei Drittel der gesamten Biomasse , die Produktion und Freisetzung von evtl. Giftstoffen ( Mykotoxine Von etwa 300 Schimmelpilzarten ist bekannt, dass sie Mykotoxine (Schimmelpilzgifte) bilden. Hierbei handelt es sich um für den Menschen zum ) oder Metaboliten Schimmelpilze nutzen als Nährstoffe für und während des Wachstums anorganische und organische Verbindungen. Diese werden biochemisch umgewandelt, wobei die dabei ( MVOC Abkürzung für microbial volatile organic compounds = mikrobielle flüchtige organische Verbindungen. Bei Auftreten von Schimmelpilzen infolge von Feuchtigkeitsschäden oder bei ), die Aufnahmewege des Biostoffes (Atmung, Nahrung, Hautkontakt) bis hin zur Inkubationszeit Der Begriff wurde aus dem Lateinischen (incubare = ausbrüten) abgeleitet und ist die Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch einer Infektionskrankheit. und dem Verlauf einer evtl. Erkrankung (chronisch, akut). Außerdem werden mögliche Folgekrankheiten oder Spätfolgen sowie Übertragbarkeit, Diagnosemöglichkeiten und Therapien berücksichtigt. Heute geht man davon aus, dass ca. 100 Schimmelpilzarten von medizinischer oder umweltmedizinischer Bedeutung sind.

Bei der Bewertung von gesundheitlichen Störungen, Beschwerden oder Erkrankungen müssen immer beide Seiten betrachtet werden: Biostoffe als „Absender“ und die individuelle Konstitution der Menschen als „Empfänger“. Hierbei wird zwischen der Prädisposition und Disposition bzw. dem natürlichen (angeborenen) und adaptiven (erworbenen) Immunsystem Der Begriff Immunsystem ist aus dem Lateinischen immunis (= verschont oder unberührt) abgeleitet. Es ist ein komplexes System zur Abwehr unterschieden. Daher zählt man zu den medizinischen und besonders zu schützenden Risikogruppen

  • Menschen mit einer Immunsuppression/Immunschwäche,
  • Menschen mit einer Mukoviszidose (Zystische Fibrose),
  • Menschen mit Asthma bronchiale Anfälle von Atemnot mit besonders erschwerter Ausatmung, verursacht durch eine Schwellung der Bronchialschleimhaut, die Absonderung eines zähen Schleims aus den ,
  • Menschen mit einer Neigung zu Überempfindlichkeitsreaktionen (Atopiker/Allergiker),
  • ältere Menschen mit einer Erkrankung sowie
  • Schwangere und Kleinkinder.

Darüber hinaus müssen Menschen besonders geschützt werden, die beruflich bedingt einer erhöhten Schimmelpilzexposition ausgesetzt sind. Hierzu gehören z. B. Menschen, die

  • in landwirtschaftlichen Betrieben und Gärtnereien,
  • in Deponien und Kompostanlagen der Abfallwirtschaft (Wertstoffsortierung),
  • in Archiven, Bibliotheken, Depots und Magazinen,
  • in der Schimmelpilzsanierung Das Ziel einer Schimmelpilzsanierung ist die Herstellung eines „hygienischen Normalzustandes“. Vor der eigentlichen Sanierung sind die Ursachen für einen Schimmelpilzbefall ,
  • in der Untersuchung und Diagnostik von Biostoffen,
  • in der Altbausanierung (vor allem Abrissarbeiten) sowie
  • in der Wartung von Klimaanlagen

tätig sind und somit regelmäßig und über einen längeren Zeitraum höheren Konzentrationen von Stäuben, Schimmelpilzsporen und anderen mikrobiellen Partikeln ausgesetzt sind. Eine besondere Bedeutung haben hierbei die Mykotoxine. Je nach Toxizität Als Toxizität wird die Giftigkeit eines Stoffes bzw. die Wirkungsstärke eines Giftes bezeichnet. Unterschieden wird zwischen akuter, subchronischer sowie chronischer verschieben sich die Risikogruppen entsprechend in die nächste Kategorie.

Abschließend soll darauf hingewiesen werden, dass die diagnostischen Methoden zur Erfassung von gesundheitlichen Störungen, Beschwerden oder Erkrankungen im Zusammenhang mit Feuchte- und/oder Schimmelpilzschäden in privat genutzten Innenräumen bisher unzureichend entwickelt oder nicht ausreichend genau sind.