Sanierung

Biozide Anwendungen

Handelsübliche Biozide, die im Rahmen der Schimmelpilzsanierung Das Ziel einer Schimmelpilzsanierung ist die Herstellung eines „hygienischen Normalzustandes“. Vor der eigentlichen Sanierung sind die Ursachen für einen Schimmelpilzbefall zur Anwendung kommen, werden häufig und fälschlicherweise als Desinfektionsmittel Desinfektionsmittel werden zum Abtöten von krankheitserregenden Mikroorganismen und Viren eingesetzt. Alkohole wirken bakterizid und fungizid, haben aber keinerlei Wirkungen gegen Sporen. bezeichnet. Dabei werden bei einer Desinfektion Aufgabe der Desinfektion ist das gezielte Abtöten oder Inaktivieren der pathogenen Mikroorganismen. Desinfektionsverfahren können mit verschiedenen physikalischen und chemischen Methoden die Zahl von Krankheitserregern (Keime) auf Oberflächen soweit reduziert, dass von ihnen keine Infektion Unter einer Infektion versteht man das Eindringen eines Mikroorganismus in einen größeren Wirtsorganismus (Makroorganismus), eine Einleitung der parasitischen Lebensweise von bzw. Übertragung von Erregern mehr stattfinden kann. Dies ist bei der Verhinderung einer möglichen Infektionsgefahr gegenüber immunsupprimierten Menschen z. B. mit einer Krebserkrankung, Transplantation, Chemo-Therapie- oder HIV sehr wichtig, aber nicht bei der Sanierung Der Begriff Sanierung im Kontext der Schimmelpilzsanierung beschreibt die Beseitigung von Gefahren, Gefährdungen oder Belästigungen durch mikrobiellen Befall bis hin von Feuchte- und/oder Schimmelpilzschäden in privat genutzten Innenräumen – ausgenommen, wenn sich unter den Raumnutzern eine Risikogruppe der eben aufgezählten befindet. In derartigen Ausnahmesituationen müssen geeignete Methoden und Verfahren angewendet werden, um die dort auftretenden Krankheitserreger wie z. B. Aspergillus fumigatus Der Aspergillus fumigatus ist als Schimmelpilz weltweit verbreitet und ausgesprochen thermotolerant. Dies bedeutet, dass diese Art in einem weiten Temperaturspektrum , Nocardia spp. nachweislich und ausreichend zu reduzieren. Derartige Innenräume werden der Nutzungsklasse I zugeordnet und im aktuellen Leitfaden „Zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden“ des Umweltbundesamtes ( UBA Siehe Umweltbundesamt. ) nicht behandelt. Schon allein daran wird deutlich, dass die meisten Fungizide (von lateinisch fungus = Pilz und caedere = töten, vernichten) gehören zur Gruppe der Biozide. Es sind Substanzen unterschiedlicher chemischer oder Bakterizide Bakterizide sind Stoffe, die aufgrund ihrer chemischen Struktur gezielt Bakterien innerhalb oder außerhalb des Organismus abtöten. Man unterscheidet dabei Antiseptika , die in der Sanierung von Schimmelpilz- und/oder Bakterienbefall in privat genutzten Innenräumen (Nutzungsklasse II oder III) eingesetzt werden, keine Desinfektionsmittel sein können und auch nicht müssen. Denn ein mögliches Infektionsrisiko kann bei diesen Innenräumen in der Regel ausgeschlossen und daher vernachlässigt werden. Ausnahmen kann es im Einzelfall und unter Umständen bei der Sanierung von fäkalienhaltigen Wasserschäden geben.

Im aktuellen Leitfaden „Zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden“ des Umweltbundesamtes (UBA) wird darauf hingewiesen, dass eine routinemäßige Verwendung von Bioziden zur Beseitigung und/oder Vorbeugung von Schimmelpilzbefall nicht zielführend ist und Biozidprodukte in privat genutzten Innenräumen nicht anzuwenden sind.

Die Empfehlungen des Umweltbundesamtes u. a., auf Biozide bzw. Biozidprodukte in privat genutzten Innenräumen zu verzichten, basiert auf folgender Grundlage:

  1. bisher gibt es keine aussagekräftigen Studien, anerkannte Versuchsreihen oder andere wissenschaftlichen Nachweise, dass durch den Einsatz von Bioziden überhaupt eine signifikante Abtötung von Mikroorganismen Mikroorganismen stellen die Wurzel des „Stammbaums des Lebens“ auf der Erde dar. Sie produzieren etwa zwei Drittel der gesamten Biomasse in und auf Baustoffen oder Innenraummaterialien erzielt werden kann.
  2. mögliche Gesundheitsgefahren wie z. B. allergene, reizende oder toxische Wirkungen sowie daraus sensibilisierende und/oder irritative Effekte im Bereich der Atemwege gehen nicht nur von lebenden Zellen der Mikroorganismen aus, sondern auch von abgestorbenen Sporen Der Begriff Sporen ist aus dem Griechischen abgeleitet und bedeutet so viel wie das Säen, die Saat oder der Samen. und anderen mikrobiellen Partikeln.
  3. beim Umgang mit Biozidprodukten kann eine mögliche Gesundheitsgefährdung der Anwender nicht ausgeschlossen werden, da in der Praxis häufig elementare Schutz- und Hygienemaßnahmen aus Unwissenheit und/oder Bequemlichkeit ignoriert werden.
  4. bei vielen Sanierungen werden routinemäßig Biozide gegen mikrobiellen Befall Unter Befall wird die Besiedlung durch Schadorganismen (Mikroorganismen, Insekten oder Holzschädlinge) und die nachfolgende Einwirkung der Organismen auf das Holz, eingesetzt, ohne die Ursache für das Schimmelpilzwachstum beseitigt zu haben.

Biozide Anwendungen sind lt. UBA nicht notwendig, wenn z. B.

  • die technische Bautrocknung eines sporadischen Wasserschadens zeitnah möglich ist,
  • ein sichtbarer Befall auf Oberflächen wie z. B. auf Putz oder Tapeten, ohne großen Aufwand unmittelbar entfernt werden kann,
  • ein Mikrobieller Befall Als Mikroorganismen werden eine Reihe sehr unterschiedlicher Organismen bezeichnet, deren charakteristische Eigenschaft ihre geringe Größe ist. Sie werden ausgehend von eindeutig vorliegt und das Entfernen ( Rückbau Entfernen von Bau- oder Einbauteilen. ) dieser Baustoffe ohnehin erfolgen muss,
  • präventiv Oberflächen von Baustoffen und Gegenständen behandelt werden im Rahmen von evtl. Sofortmaßnahmen,
  • die Sanierung in Innenräumen der Nutzungsklasse II und III stattfindet,
  • im Rahmen der Feinreinigung und/oder unmittelbar vor der Freimessung die Raumluft der bereits sanierten Innenräume präventiv vernebelt werden,
  • der Einsatz als kostengünstige Alternative zur Entfernung mikrobiell besiedelter Materialien und/oder zur Feinreinigung Bei der Schimmelpilzsanierung konzentrieren sich Mieter und Vermieter, Sachverständige und Gutachter sowie ausführende Trocknungs- und Sanierungsfirmen (sowie ggf. deren Ausführungsüberwachung) eingesetzt wird,
  • mehrschichtige Fußbodenkonstruktionen geflutet werden, obwohl die mikrobielle Belastung einen Rückbau (Ausbau) erforderlich macht.

Das Umweltbundesamt Zu den Aufgaben des Umweltbundesamtes (UBA) gehören u. a. die wissenschaftliche Unterstützung und Beratung des BMU und der Bundesregierung in gibt gleichzeitig Empfehlungen, wann eine biozide Anwendung sinnvoll, akzeptabel oder alternativlos ist. Hierzu gehört z. B. das Vernebeln Siehe Fogging (Erscheinung) von bestimmten Wirkstoffen wie z. B. Wasserstoffperoxid Starkes, im flüssigen Aggregatzustand befindliches Oxidationsmittel auf der Basis von Wasserstoff und Sauerstoff (H2O2). Wird als Desinfektionsmittel nur in stark in unzugänglichen Hohlräumen von Konstruktionen, die aus baulichen Gründen nicht zugänglich gemacht werden können.



Daher sind die Empfehlungen des Umweltbundesamtes nicht als generelles oder pauschales Verbot von Bioziden zu verstehen, sondern mehr als eine Aufforderung zum maßvollen Umgang und der Sensibilisierung Leitet der Körper bei einem Erstkontakt mit einem Stoff eine falsche, weil unnötige, Abwehrmaßnahme ein, spricht man von Sensibilisierung. Der für einen gezielten Einsatz als „Ultima Ratio“ in privat genutzten Innenräumen unter Berücksichtigung sämtlicher Schutz- und Hygienemaßnahmen.

Bisherige Studien belegen lt. Messal u. a., dass unter praxisnahen Bedingungen eine biozide Wirkung gegen das Wachstum von Schimmelpilzen in privat genutzten Innenräumen mit Biozidprodukten nachhaltig nicht erzielt werden kann. Die hierfür eingesetzten Biozide wie z. B. Wasserstoffperoxid, Peressigsäure Chemisch auf der Essigsäure basierendes, stechend riechendes Peroxid. Sie wird u. a. als Desinfektionsmittel eingesetzt. , Natriumhypochlorit, Isopropylalkohol oder Quartäre Ammoniumverbindungen Quartäre Ammoniumverbindungen sind organische Ammoniumverbindungen, die alle vier Valenzen eines Stickstoffatoms organisch gebunden haben. Quartäre Ammoniumverbindungen werden durch Umsetzung von konnten zwar kurzfristig das Wachstum der Schimmelpilze Pilze sind weit verbreitete Organismen auf der Erde und besiedeln unterschiedlichste Substrate, auf oder in denen sie auf Grund ihrer hemmen bzw. verzögern, aber die lebensfähigen Zellen nicht vollständig abtöten. Ursächlich hierfür ist, dass Schimmelpilze sehr unterschiedliche Abwehr- oder Überlebensstrategien entwickelt haben, um sich genau gegen derartige Angriffe zu schützen. Entweder produzieren sie Stoffwechselprodukte, aus denen ein Biofilm gebildet wird (eine Art Schutzschicht) oder sie begeben sich in eine Art Ruhemodus (stellen das Wachstum ein). Außerdem kann beobachtet werden, dass Schimmelpilze mit einer verstärkten Produktion und Freisetzung von Mykotoxinen auf Biozide reagieren. Somit erhöht sich unnötig die Exposition (von lat. exponere, expositum = herausstellen, aussetzen) Grad der Gefährdung für einen Organismus, der sich aus der Häufigkeit und Intensität und somit Gesundheitsgefährdung für den Anwender. Hinzu kommt, dass viele Schimmelpilzarten in den letzten Jahren robuster geworden sind und gegen viele biozide Wirkstoffe Resistenzen aufgebaut haben. Sobald sich die Wachstumsbedingungen Siehe Wachstumsvoraussetzungen. wieder verbessern, nehmen Schimmelpilze ihr Wachstum erneut wieder auf. Hinzu kommt, dass die Zelldichte in Myzelien im Vergleich zu einzelnen Sporen deutlich höher ist, so dass die eingesetzten Konzentrationen biozider Wirkstoffe in handelsüblichen Biozidprodukten, die für die Studien verwendet wurden, nicht ausreichten, um eine biozide Wirkung unter praxisnahen Bedingungen zu erzielen.

Praxisnahe Bedingungen sind deshalb wichtig zu erwähnen, da viele Prüfungen über die Wirksamkeit von bioziden Wirkstoffen unter Laborbedingungen und auf glatten, dichten und geschlossenen Oberflächen (OP-Fliesen) mit einem neutralen pH-Wert Mit dieser Maßzahl wird die Stärke einer Säure oder Lauge bezeichnet, d. h. der pH-Wert sagt aus, wie sauer bzw. stattfinden. In der Praxis dagegen sind Oberflächen in der Regel porös, offenporig und hydrophil, häufig verschmutzt und weisen einen pH-Wert von 5 bis 7 bis alkalisch auf. Unter idealisierten Laborbedingungen in einem sauren Milieu können die meisten Biozide ihre Wirkung optimal entfalten, was unter Praxisbedingungen eher nicht der Fall ist. Bei hydrophilen und offenporigen Oberflächen dringt das Biozid Der Begriff Biozid ist aus dem griechischen Wort bios (= Leben) und dem lateinischen Wort caedere (= töten) abgeleitet und in das Baustoffgefüge ein, so dass die verfügbare Wirkstoffmenge an der unmittelbaren Oberfläche reduziert wird. Dies führt dazu, dass abhängig von der Schimmelpilz- und/oder Bakterienart Die meisten Bakterien sehen unter dem Mikroskop sehr ähnlich aus und weisen entweder eine Kugel- oder Stäbchenform auf. Sie besitzen sowie des Untergrundes und einiger Wachstumsfaktoren (primär Feuchtegehalt) bestimmte biozide Wirkstoffe das mikrobielle Wachstum zwar hemmen oder reduzieren können, aber eine signifikante Reduzierung der bereits vorhandenen mikrobiellen Biomasse Als Biomasse wird die Gesamtheit der Masse an organischem Material (lebende, tote und zersetzte Organismen) in einem Lebensraum bezeichnet, die in der Regel nicht zu erwarten ist, da der mikrobielle Befall durch die biozide Behandlung nicht entfernt wird. Eine Ausnahme stellt Wasserstoffperoxid (H2O2) in hohen Konzentrationen von über 10% dar. Unterschiedliche Versuche haben gezeigt, dass mit dieser bioziden Behandlung eine Abtötung von Schimmelpilzen und Bakterien Der Begriff Bakterien (Bacteria) ist aus dem altgriechischem (bakterion = Stäbchen) abgeleitet und wird in der Mikrobiologie traditionell für alle erreicht werden kann.