Die Dachfläche ist neben der Fassade ein wesentlicher Bestandteil der Gebäudehülle und unterliegt einer vielfältigen Feuchtebeanspruchung. Daher kommt der Dachabdichtung eine besondere Bedeutung zu, um das Bauwerk vor dem Eindringen von Niederschlägen wie z. B. Regen zu schützen. Im Gegensatz zur Dachdeckung, die z. B. Regen vor allem durch eine konstruktive Dachneigung ableitet, ist eine Dachabdichtung eine wasserundurchlässige Schicht. Dachabdichtungen kommen vor allem bei Flachdächern oder ähnlich gelagerten Bauteilen wie z. B. Dachterrassen oder Balkone zur Ausführung. Hierbei muss die Art der Dachkonstruktion unterschieden werden, da diese auch Auswirkungen auf die Art der Dachabdichtung hat. Grundsätzlich wird ein belüftetes Dach (Kaltdach) von einem nicht belüftetem Dach (Warmdach) unterschieden. Eine spezielle Form des Warmdaches ist das Umkehrdach. Spezifische Anforderungen an die Dachabdichtung ergeben sich aus der Neigung und Nutzung der Dachfläche.
Dachabdichtungen unterliegen mechanischen, thermischen, chemischen und biologischen Beanspruchungen – unabhängig davon, ob diese frei bewittert, bekiest oder begrünt sind. Planung und Ausführung einer Dachabdichtung genutzter und nicht genutzter Flachdächer sowie die grundsätzlichen Anforderungen an die Abdichtungsstoffe sind in der DIN 18531 „Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen“ geregelt. Die Norm ist in folgende Teile untergliedert:
- Teil 1: Nicht genutzte und genutzte Dächer – Anforderungen, Planungs- und Ausführungsgrundsätze
- Teil 2: Nicht genutzte und genutzte Dächer – Stoffe
- Teil 3: Nicht genutzte und genutzte Dächer – Auswahl, Ausführung, Details
- Teil 4: Nicht genutzte und genutzte Dächer – Instandhaltung
- Teil 5: Balkone, Loggien und Laubengänge
Nicht genutzte Dächer definiert die Norm als flache oder geneigte Dachflächen, die nur sporadisch zur Pflege oder Wartung betreten werden. Dies gilt auch für Dächer mit extensiver Begrünung. Dagegen definiert die Norm genutzte Dächer als begehbare Flächen wie Dachterrassen oder Dachflächen mit intensiver Begrünung mit Anstaubewässerung von bis zu 10 cm.
Teil 1 der Dachabdichtungsnorm legen Anforderungen an die allgemeinen Eigenschaften und Beanspruchungen der Dachabdichtung fest. Hierbei wird die Qualität der Dachabdichtung nach Standardausführung (K1) und hochwertige Ausführung (K2) in Anwendungsklassen bzw. -kategorien unterschieden:
- K1: gilt für Standardausführungen, an die übliche Anforderungen gestellt werden. Dächer dieser Anwendungsklasse sollten ein Mindestgefälle von 2% aufweisen, können aber auch, sofern die Abdichtung den Anforderungen der Anwendungsklasse K2 entsprechen, ohne Gefälle ausgeführt werden.
- K2: gilt für Dachabdichtungen, an die erhöhte Anforderungen gestellt werden wie z. B. Hochhäuser, Dächer mit erschwertem Zugang oder Dächer mit technischen Anlagen wie z. B. Solaranlagen. Hier ist ein Mindestgefälle von 2% auszuführen, Hohlkehlen sollten mindestens 1% Gefälle aufweisen. Außerdem gelten erhöhte Anforderungen an die Abdichtungsstoffe und Systemaufbauten. Intensiv begrünte Dächer mit einer Anstaubewässerung bis 10 cm bilden eine Ausnahme. Hinsichtlich einer möglichen Wasserunterläufigkeit müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden.
Daraus lässt sich ableiten: bei einer Dachabdichtung der Qualitätsstufe K2 kann von einer höheren Zuverlässigkeit, längeren Haltbarkeit und Nutzungsdauer Unter der Nutzungsdauer wird die Zeitspanne verstanden, in der Gebäude bzw. bauliche Anlagen erfahrungsgemäß wirtschaftlich eingesetzt oder genutzt werden können. sowie in den meisten Fällen von einem geringeren Wartungsaufwand ausgegangen werden. Dies wird u. a. durch eine bessere Qualität der Abdichtungsstoffe sichergestellt, die z. B. verstärkt sind wie bei Flüssigkunststoffen oder eine doppelte Lage bei der Verlegung von Polymerbitumenbahnen.
Außerdem wird die Dachabdichtung hinsichtlich der mechanischen und/oder thermischen Beanspruchung in Stufe 1 oder 2 sowie Stufe A oder B differenziert. Die Stufe 1 für eine hohe mechanische Beanspruchung liegt vor, wenn mindestens eine der nachfolgenden Kriterien gegeben sind: harte Dämmstoffe, wenn sich deren Bewegungen auf die Abdichtung auswirken können, Unterkonstruktionen mit Stahltrapezprofilen, Schalungen aus Holz Untergründe aus Holzwerkstoffen, Untergründe wie Betondielen oder Fertigteile aus Beton, Höhenversätze, Beanspruchungen durch weiche Untergründe oder durch häufiges Begehen des Daches, witterungsbedingte mechanische Einflüsse. Sollten die Beanspruchungen der Stufe 1 nicht vorliegen, was eine äußerst seltene Ausnahme darstellt, liegt die Stufe 2 vor. Diese steht für eine mäßige mechanische Beanspruchung. Die Stufe A steht für eine hohe thermische Beanspruchung, bei denen Dachabdichtungen starken und wechselhaften thermischen Witterungsbedingungen ausgesetzt sind. Hierzu zählen Dachabdichtungen ohne Oberflächenschutz. Die Stufe B steht für eine mäßige thermische Beanspruchung. Hierzu zählen Dachabdichtungen, bei denen keine direkten Witterungseinflüsse oder starke und schnelle Temperaturänderungen auftreten wie z. B. extensiv begrünte oder bekieste Dächer oder Umkehrdächer, da sie über den nötigen Oberflächenschutz verfügen. In der Praxis können diese Stufen auch kombiniert auftreten: 1A steht für eine hohe mechanische und hohe thermische Beanspruchung, 2A für eine mäßige mechanische und hohe thermische Beanspruchung, 1B für hohe mechanische und mäßige thermische Beanspruchung und 2B für eine mäßige mechanische und mäßig thermische Beanspruchung.
Aus diesen Beanspruchungsstufen werden die Eigenschaftsklassen der Dachabdichtung abgeleitet in:
- E1 = hoher mechanischer Widerstand gegen hohe thermische Beanspruchung
- E2 = hoher mechanischer Widerstand gegen mäßige thermische Beanspruchung
- E3 = mäßiger mechanischer Widerstand gegen hohe thermische Beanspruchung und
- E4 = mäßiger mechanischer Widerstand gegen mäßige thermische Beanspruchung
und nach der Verwendung eingeteilt in:
- DE = Bahnen für die einlagige Dachabdichtung
- DU = Bahnen für die untere Lage einer mehrlagigen Dachabdichtung
- DO = Bahnen für die Oberlage einer mehrlagigen Dachabdichtung und
- DZ = Bahnen für die Zwischenlage bzw. zusätzliche Lage einer mehrlagigen Dachabdichtung.
Für die Dachabdichtung sind folgende Abdichtungsstoffe geeignet, soweit diese dem Regelwerk entsprechen:
- Bitumenbahnen mit Trägereinlage und Deckschicht aus Polymerbitumen, modifiziert mit thermoplastischen Elastomeren (PYE) oder aus Polymerbitumen, modifiziert mit thermoplastischen Kunststoffen (PYP),
- Kunststoffbahnen aus Polyolefin-Legierungen (FPO/TPO), Polyvinylchlorid (PVC-P), Ethylen-Copolimerisat-Bitumen (ECB), Polyisobutylen (PIB), Ethylen-Vinyl-Acetat-Copolymer (VAE/EVA), chloriertem Polyethylen (PEC),
- Elastomerbahnen (synthetischer Kautschuk) aus Ethylen-Propylen-Dien-Monomere (EPDM), chlorsulfoniertem Polyethylen (CSM), Nitril-Kautschuk (NBR), Butyl-Kautschuk (IIR),
- Flüssigkunststoffe, bestehend in der Regel aus mehrkomponentige Abdichtungsharze aus ungesättigtem Polyester (UP), Polyurethan (PUR) oder Polymethylmethacrylat (PMMA) zur Flüssigabdichtung.
Eine Empfehlung für eine geeignete Dachabdichtung kann an dieser Stelle aufgrund der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Abdichtungsstoffe und deren unterschiedlichen Vor- und Nachteile und Anwendungsgrenzen pauschal nicht gegeben werden. Für eine funktionstüchtige Dachabdichtung muss immer die sicherste Abdichtungsmethode für die individuelle Dachkonstruktion geplant und ausgeführt werden. Die Materialverträglichkeit der zugelassenen Abdichtungsstoffe muss untereinander genauso sichergestellt sein wie zum Untergrund. Bitumen- oder Polymerbitumenbahnen werden in der Regel zweilagig verlegt, unabhängig davon, ob die Ausführung gemäß Anwendungskategorie K1 oder K2 erfolgt. Dachabdichtungen aus Kunststoff- oder Elastomerbahnen werden dagegen grundsätzlich einlagig ausgeführt.
Probleme bei der Dachabdichtung zeigen sich fast nie in der Flächenabdichtung, sondern an Nähten und Bauteilanschlüssen sowie -durchdringungen. Jegliche Unterbrechung der Dachabdichtung, egal ob durch Lichtkuppeln, Abflüsse, Entlüftungsrohre oder Befestigungen, stellt eine Schwachstelle dar. Soweit diese nicht zwingend notwendig ist, sollten diese grundsätzlich vermieden werden – nicht nur, um die Gefahr Die Beurteilung möglicher Gefahren beantwortet die Frage, ob ein Stoff für Mensch oder Umwelt gefährliche Eigenschaften aufweist. Die Klassifizierung gefährlicher durch eindringende Feuchtigkeit zu vermeiden, sondern auch Wärmebrücken. Oftmals können diese Schwachstellen reduziert werden, in dem z. B. Leitungen in einem Sammelschacht gebündelt oder Geländer zur Absturzsicherung an der Stirnseite befestigt werden und nicht in der Abdichtungsebene. Wenn diese Befestigungen an der Innenseite einer ringsum über die Dachebene gezogenen Wand (Attika oder Flachdachrand) vorgenommen werden, sind diese Anschlüsse wie vertikale Durchdringungen gegen aufstauendes Wasser abzudichten. Der Teil 3 der DIN 18531 widmet sich deshalb der Planung und Ausführung von Details bei der Dachabdichtung, um die Abdichtungsebene durch nachträgliche Installationen von haustechnischen Anlagen oder Solaranlagen vor eindringender Feuchtigkeit zu schützen.
Durchdringungen werden durch Klebeflanschen, Dichtungsmanschetten, Klemmflanschen oder Flüssigabdichtungen abgedichtet. Viele Hersteller von Abdichtungsbahnen bieten darüber hinaus verschiedene Formteile als Systemzubehör an. Der Abstand zwischen den Durchdringungen und anderen Bauteilen muss mindestens 30 cm betragen, gemessen von der Flanschaußenkante. Schadensfälle in der Praxis zeigen, dass dieser Abstand z. B. bei Entlüftungsrohren in unmittelbarer Attikanähe oder im Bereich von Balkon- und Terrassenentwässerungen oftmals nicht eingehalten werden.
Außerdem müssen die notwendigen Anschlusshöhen an aufgehenden Bauteilen unbedingt eingehalten werden. Hierzu muss bei Dachneigungen < 5° die Dachabdichtung mindestens 15 cm über die wasserführende Ebene hochgeführt werden. Bei einer Dachneigung über 5° kann die Anschlusshöhe auf 10 cm reduziert werden. Von diesen Anforderungen der Norm muss ggf. abgewichen und die Anschlusshöhen erhöht werden, wenn regional mit einer höheren Schnee- und/oder Niederschlagsbelastung gerechnet werden muss. Die Anschlusshöhe ist außerdem anzupassen, wenn auf der Dachabdichtung Schutzschichten wie z. B. Kies aufgebracht werden. Als Oberkante gilt die Kiesschicht, die auf der wasserführenden Schicht liegt. Außerdem müssen Anzahl und Lage von Dachabläufen auf die Dachgeometrie abgestimmt werden. Bei der Planung und Ausführung ist darauf zu achten, dass neben der notwendigen Anzahl von Dachabläufen immer auch funktionierende Notabläufe vorhanden sind.
Neben Bitumen- und Polymerbitumenbahnen, Kunststoff- und Elastomerbahnen können zur Dachabdichtung gemäß Teil 2 der DIN 18531 auch Flüssigkunststoffe verwendet werden, in die ein Vlies zur Verstärkung eingelegt wird. Flüssigkunststoffe werden mindestens zweilagig aufgetragen, wobei beim Einbetten der Vlieseinlage keine Lufteinschlüsse entstehen dürfen. Flüssigkunststoffe passen sich flexibel den Unebenheiten des Untergrundes an und betten Durchdringungen durch Befestigungen sowie Anschlüsse von Lichtkuppeln, Abfluss- und/oder Entlüftungsrohren und dgl. vollflächig ein. Flüssigabdichtungen haben hierbei den Vorteil, dass die bei Abdichtungsbahnen notwendige mechanische Befestigung am oberen Rand von Anschlüssen entfällt. Außerdem sind viele Flüssigkunststoffe mit anderen Abdichtungen kompatibel und können kombiniert werden – ein Vorteil gerade bei nachträglichen Reparaturen oder bei der Instandsetzung alter Abdichtungen.
Teil 3 der DIN 18531 widmet sich Schäden an alten Dachbahnen infolge lang anhaltender Frostperioden bzw. temperaturbedingter Spannungen. Auslöser dieser Schäden sind in der Regel mechanische Punktbelastungen. Der Teil 4 der Dachabdichtungsnorm wurde der regelmäßigen Wartung gewidmet.