Die Planung und Ausführung von Abdichtungen erdberührter Bauteile wie z. B. Keller wird in Deutschland seit 2017 über die DIN 18533 „Abdichtung von erdberührten Bauteilen“ geregelt. Die Norm gilt für die Abdichtung gegen Bodenfeuchte, nicht drückendes Wasser, von außen drückendes Wasser, nicht drückendes Wasser auf erdüberschütteten Decken sowie Spritzwasser am Wandsockel und Kapillarwasser in und unter Wänden (Querschnittsabdichtung). Die Norm gilt nicht für die nachträgliche Horizontal- und/oder Vertikalabdichtung in der Bauwerksinstandsetzung (Altbausanierung). Hier kommen neben den bewährten Abdichtungsarten und Abdichtungsstoffen auch alternative Abdichtungen zum Einsatz, wenn die genormten Verfahren an ihre Grenzen stoßen oder für den Anwendungsfall ungeeignet sind.
Hierzu gehört neben den abdichtenden Injektionen vor allem die nachträgliche Horizontalabdichtung, die umgangssprachlich auch als „Mauertrockenlegung“ bezeichnet werden. Diese alternative Abdichtung entspricht nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik und muss daher im Vorfeld mit dem Auftraggeber explizit vereinbart werden, nachdem eine umfangreiche Beratungs- und Hinweispflicht stattgefunden hat. Gleiches gilt für nicht genormte Abdichtungsstoffe.
Für die nachträgliche Horizontalabdichtung gibt es zwei anerkannte Verfahren:
- mechanische Verfahren und
- Injektionsverfahren.
Beide Verfahren können miteinander nicht verglichen werden, da sie sich technologisch komplett unterscheiden. Während mechanische Verfahren mit Horizontalabdichtungen nach DIN 18533 im weiteren Sinne vergleichbar sind, können Injektionsverfahren noch nicht einmal als Abdichtung im klassischen Sinne, sondern nur als Kapillarsperre, bezeichnet werden. Daneben gibt es elektro-physikalische Verfahren, die in der Fachwelt nicht anerkannt sind.
Einer der wichtigsten Unterschiede gegenüber den Horizontalabdichtungen im Neubau ist, dass das Mauerwerk zum Zeitpunkt der Abdichtung feucht bis nass oder kapillargesättigt ist – dies bedeutet, dass der Durchfeuchtungsgrad (DFG) eines Mauerwerks bei ≤ 50%, ≤ 90% oder ≥ 90% liegt. Durch die nachträgliche Horizontalabdichtung ist das Mauerwerk nicht trocken, da sich die Feuchtigkeit oberhalb der Abdichtung immer noch im Mauerwerk befindet und erst langsam austrocknen (verdunsten) muss. Dies ist deshalb von hoher Relevanz, da sich in der Restfeuchte oberhalb der Abdichtung weiterhin gelöste Salze befinden, die im Rahmen der Austrocknung (Verdunstung) an die Oberfläche transportiert werden und dort Ausblühungen oder Abplatzungen und andere Schäden verursachen. Daher sind bei der nachträglichen Horizontalabdichtung immer flankierende Maßnahmen notwendig.
Die Austrocknung des Mauerwerks hängt von der Verdunstungsgeschwindigkeit ab, die von den Mauerwerksdicken, dem Durchfeuchtungs- und Versalzungsgrad, klimatischen Bedingungen und der die Wand umgebenden Luftströmung Neben der Material- und Luftfeuchtigkeit sowie der Material- und Lufttemperatur gehören übermäßige Luftbewegungen zu den Faktoren, mit denen die Behaglichkeit sowie von der Beschaffenheit der Wandoberfläche beeinflusst wird. Auch die Funktionsweise des eingesetzten Verfahrens hat unmittelbaren Einfluss auf den Feuchtegehalt und die Austrocknungsgeschwindigkeit. Wird z. B. ein Chromstahlblech eingerammt (mechanisches Verfahren), wird der kapillare Feuchtigkeitstransport sofort unterbunden. Werden dagegen Injektionen mit wässrigen Injektionsmitteln ausgeführt, wird dem durchfeuchteten Mauerwerk über die Injektionsstoffe zunächst noch Feuchtigkeit zugeführt, so dass es zu einem Anstieg der Durchfeuchtung Der Begriff der Durchfeuchtung wird in Bezug auf Neu- und Altbauten sowie im Rahmen der Bauwerkserhaltung sehr vielfältig benutzt. Im kommt, die zusätzlich abgegeben werden muss. Außerdem bildet sich die Horizontalsperre nicht sofort aus, sondern erst, wenn sich das Wirkprinzip des Injektionsmittels ausgebildet hat. Dies kann je nach Objektbedingungen zwischen 6 Monaten und mehreren Jahren dauern.
Die sichersten, aber auch aufwändigsten, Verfahren zur nachträglichen Horizontalabdichtung sind die mechanischen Verfahren. Hierzu gehören im Wesentlichen das
- Mauersäge- oder -schneideverfahren und
- Chromstahlblech- oder Rammverfahren
Die so genannten Kernbohrverfahren, V-Schnittverfahren oder auch die traditionelle Methode des Maueraustausches oder der -unterfangung werden heute nicht mehr angewendet, da sie sehr aufwändig und kostenintensiv sind.
Die mechanischen Verfahren werden nach ihren Arbeitsschritten als ein- oder zweistufiges Verfahren unterschieden. Durch das Einschlagen von gewellten Edelstahlplatten in die Lagerfuge eines Mauerwerkes erfolgt die Mauerwerkstrennung und Horizontalabdichtung in einem Arbeitsgang. Bei dem zweistufigen Verfahren wird zunächst abschnittsweise das Mauerwerk durch Schneiden oder Fräsen mechanisch getrennt. Im zweiten Arbeitsgang werden horizontale Sperrschichten (Bitumen- oder Kunststoffbahnen) eingebracht und der ursprüngliche Spalt im Mauerwerk kraftschlüssig verfüllt. In beiden Fällen erfolgt die Abdichtung mit einer Überlappung von mindestens 10 cm. Beide Verfahren eignen sich für Mauerwerk aus Ziegelstein und für Naturstein, soweit dieses eine durchgehende Lagerfuge aufweist. Bei einem unregelmäßigen Naturstein-, Bruch- oder Zyklopenmauerwerk kann das Chromstahlblechverfahren nicht eingesetzt werden. Bei dem Mauersägeverfahren erhöhen sich die Kosten.
Mechanische Verfahren können nur angewendet werden, wenn die Statik des Gebäudes dies zulässt. Es ist sicherzustellen, dass die Abdichtungsschicht nicht zu einer Gleitebene wird. Für Mauerwerksbereiche, bei denen eine Schubbeanspruchung nicht auszuschließen ist, muss durch den Statiker (oder Tragwerksplaner) ein statischer Nachweis erbracht werden. Grundsätzlich gilt, dass die Standsicherheit während und nach der Durchführung sichergestellt sein muss. Gerade mehrschalige, hohlräumige oder stark klüftige Mauerwerke sind daher oft für mechanische Verfahren eher ungeeignet. Außerdem muss bei einer kompletten Durchtrennung des Mauerwerksquerschnitts berücksichtigt werden, ob Elektro- und/oder Wasserleitungen oder sonstige Installationen beschädigt werden.
Alternativ zu den mechanischen Verfahren werden Injektionsverfahren eingesetzt, um eine nachträgliche Horizontalsperre auszubilden. Diese werden umgangssprachlich auch als chemische Verfahren, Injektage oder Bohrlochinjektion bezeichnet. Gegenüber den mechanischen Verfahren haben Injektionen den Vorteil, dass sie von innen oder außen, im Fundament- oder Sockelbereich sowie in nahezu allen Mauerwerken ausgeführt werden können. Zudem sind sie deutlich günstiger und einfacher in der Anwendung. Injektionen werden mit Druck (Injektionspumpe), drucklos (Flaschen, Behälter oder dgl.) oder intervallartig (Impulsverfahren) durchgeführt. Außerdem unterscheiden sich die Verfahren in ihren vorbereitenden Maßnahmen (z. B. aufheizen des Mauerwerks) oder flankierenden Maßnahmen (z. B. aktivieren des Injektionsstoffes). Im Endergebnis muss eine kapillarbrechende Horizontalschicht im Mauerwerk ausgebildet werden. Hierzu werden im Abstand von 10 bis 15 cm ein- oder zweireihige Bohrlöcher mit einem Durchmesser von 15 bis 25 mm in das Mauerwerk gebohrt, wobei der Bohrlochwinkel zwischen 10° und 45° liegt. Die Bohrlochtiefe entspricht der Mauerwerksdicke abzüglich 5 bis 10 cm unter Berücksichtigung des Bohrlochwinkels. Wichtig ist, dass das Bohrloch vor der Injektion ausgesaugt wird, damit sich der Injektionsstoff verteilen kann.
Den größten Unterschied gibt es in Bezug auf die Injektionsstoffe, die im Mauerwerk Kapillar aufsteigende Feuchtigkeit Siehe Kapillarität. unterbinden sollen. Einige von ihnen reagieren chemisch, teilweise wird Kohlendioxid benötigt, was bei hohen Durchfeuchtungen und hohen Mauerwerksdicken problematisch sein kann, andere trocknen physikalisch. Einige von ihnen können nur bei einem Durchfeuchtungsgrad (DFG) des Mauerwerks bis ≤ 50%, andere bis ≤ 90% und wiederum andere auch bei Kapillarsättigung (≥ 90%) eingesetzt werden. Neben lösemittelhaltigen gibt es lösemittelfreie und wässrige Injektionsstoffe. Einige Injektionsstoffe bilden Salze Salze bestehen aus positiv geladenen und negativ geladenen Ionen. Zwischen diesen Ionen liegen ionische Verbindungen vor. Salz hat eine kubische im Nebenprodukt der Reaktion und belasten das Mauerwerk, andere brauchen eine hohe Alkalität, damit sie reagieren können. Einige Injektionsstoffe müssen erhitzt werden, um die nötige Viskosität zu bekommen oder das Mauerwerk muss aufgeheizt werden, um ein freies Porenvolumen in einem wassergesättigten Mauerwerk zu erreichen. Kurzum: kein Verfahren gleicht dem anderen. Bei jedem Injektionssystem, bestehend aus Verfahren (Pumpe, Packer) und Injektionsstoff (Wirkstoff), müssen verfahrensspezifische Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, damit die nachträgliche Horizontalsperre ausgebildet wird.
Um die Vielzahl der verschiedenen Injektionsstoffe besser unterscheiden zu können, muss das Wirkprinzip des Injektionsstoffes in der Kapillare eines Baustoffs betrachtet werden. Unterschieden werden Kapillarverengende, verstopfende oder hydrophobierende Systeme, wobei diese untereinander auch kombiniert werden können. Die Beschreibung ist selbsterklärend: entweder werden die Kapillaren eines Baustoffs verengt, in dem sich der Injektionsstoff an der Innenseite der Poren ablagert, den Durchmesser und somit den kapillaren Durchfluss reduziert, während bei der Kapillarverstopfung die Poren durch den Injektionsstoff abgedichtet werden. Durch hydrophobierende Injektionsstoffe wird die Benetzung der Porenoberfläche unterbunden. Bei Kombinationsprodukten werden die Poren verengt und hydrophobiert. Hierzu werden Silikate und Siliconate sowie die Kombination aus beiden Produkten, Silane und Siloxane, Siliconharze und Silicon-Mikroemulsionen, organische Harze wie Epoxidharze und Polyurethanharze sowie Paraffine eingesetzt.
Die höchste Wirksamkeit erzielen Druckinjektionen, da diese nicht nur die Verteilung des Injektionsstoffes um das Bohrloch herum, sondern auch in Mauerwerken mit einem hohen Durchfeuchtungsgrad, sicherstellen. Bei mehrschaligen, hohlräumigen oder besonders klüftigen Mauerwerken kann eine Vorinjektion mit mineralischen Mörteln erforderlich sein, damit sich der Injektionsstoff gleichmäßig im Mauerwerksquerschnitt verteilen kann und nicht unkontrolliert abfließt. Die wichtigste Voraussetzung für die Wirksamkeit von Injektionen ist, dass sich nach dem Einbringen des Injektionsstoffes das Wirkprinzip aufbauen kann. Bei Mauerwerken mit einer hohen Durchfeuchtung bis Kapillarsättigung (DFG ≥ 90%) würde dies z. B. bedeuten, dass bei Injektionsstoffen, die ausschließlich physikalisch trocknen wie z. B. Silicon-Mikroemulsionen, anschließend unbedingt die Durchfeuchtung im Mauerwerk reduziert werden muss. Sollte eine natürliche Austrocknung des Mauerwerks z. B. aufgrund einer hohen Luftfeuchtigkeit In der Umgebungsluft befinden sich stets mehr oder weniger große Mengen an Wasserdampf. Der Anteil an Wasserdampf kann örtlich und im Keller nicht stattfinden, müssen Technische Bautrockner Umgangssprachlich weit verbreiteter Begriff für einen Luftentfeuchter in meist robuster Bauweise, der vorwiegend bei der Wasserschadenbeseitigung oder Sanierung eingesetzt wird. als flankierende Maßnahme eingesetzt werden. Alternativ kann auch die Heizstab- oder Mikrowellentechnik eingesetzt werden.
Injektionsverfahren gelten als wirksam, wenn sich der Durchfeuchtungsgrad oberhalb der nachträglichen Horizontalsperre innerhalb von 6 bis 12 Monaten um ca. 50% reduziert und innerhalb von 12 bis 24 Monaten die hygroskopische Ausgleichsfeuchte Als Ausgleichsfeuchte wird der stoffspezifische Feuchtegehalt eines porösen Baustoffes bezeichnet, der sich in einem hygroskopischen Stoff/Baustoff in Abhängigkeit von und im Mauerwerk erreicht wurde.
Injektionen zur nachträglichen Horizontalsperre dürfen nicht mit abdichtenden Injektionen im Rahmen der nachträglichen Vertikalabdichtung oder kraftschlüssigen Injektionen im Rahmen der statischen Mauerwerkssanierung verwechselt werden.
Zur „Mauerwerkstrockenlegung“ ungeeignet sind alle Maßnahmen, Methoden oder Verfahren, mit denen die Ursachen kapillar aufsteigender Feuchtigkeit nicht unterbunden werden und lediglich die Symptome Der Begriff Symptome ist in Bezug auf Schimmelpilze in Innenräumen mehrfach belegt. Zum einen geht es um die Symptome, die kaschiert werden. Nicht selten werden mit diesen Verfahren die Schadensmechanismen eher noch verstärkt. Hierzu gehören u. a.
- besonders dichte oder diffusionsoffene Anstriche und Beschichtungen
- Verkleidungen und Beläge
- Belüftungssysteme wie z. B. Knapen´sche Röhren
- Elektro-osmotische und -magnetische Verfahren
- Thermische Verfahren wie Bauteil- bzw. Hüllflächentemperierung