Sanierung

Entsalzungsverfahren

Die Entsalzung (zutreffender wäre die Reduzierung der Salzbelastung) von salzbelasteten Mauerwerken stellt eine der kompliziertesten Aufgaben in der Bauwerksinstandsetzung dar. Über viele Jahre versuchte man, die Problematik durch eine Inaktivierung wie z. B. durch Hydrophobierung in den Griff zu bekommen. Unterbindet man die kapillare Wasseraufnahme und -verteilung im Baustoff, verhindert man auch das In-Lösung-Gehen der Salze Salze bestehen aus positiv geladenen und negativ geladenen Ionen. Zwischen diesen Ionen liegen ionische Verbindungen vor. Salz hat eine kubische sowie die nachgelagerten Schadensmechanismen. Man „bindet“ die Salze im Baustoff, so dass diese keinen Schaden anrichten – so die Theorie. Dieser theoretische Ansatz gilt heute als praktisch gescheitert.

Die Reduzierung der Salzbelastung von Mauerwerken wird je nach Wirkprinzip unterschieden in biologische, chemische und physikalische Methoden. Bei der biologischen Methode erfolgt die Reduzierung des Salz- bzw. Ionengehaltes durch biologische Prozesse. In der Regel finden diese Prozesse in Anwesenheit von Mikroorganismen Mikroorganismen stellen die Wurzel des „Stammbaums des Lebens“ auf der Erde dar. Sie produzieren etwa zwei Drittel der gesamten Biomasse wie Nitrifikanten Siehe nitrifizierende Bakterien. oder Sulfat reduzierenden Bakterien Der Begriff Bakterien (Bacteria) ist aus dem altgriechischem (bakterion = Stäbchen) abgeleitet und wird in der Mikrobiologie traditionell für alle statt. Bei der chemischen Methode werden leichtlösliche Salze durch chemische Reaktionen in schwer- oder unlösliche Salzverbindungen umgewandelt. Bei der physikalischen Entsalzung werden Salze in Lösung gebracht und transportiert, damit sie anschließend an einem definierten Ort auskristallisieren.

Die verschiedenen Methoden werden je nach Ergebnis der Entsalzung unterteilt in:

  • Kategorie I: entfernen
  • Kategorie II: reduzieren
  • Kategorie III: umwandeln
  • Kategorie IV: einlagern

Für die Auswahl der geeigneten Methode sind u. a. Grad und Umfang der Versalzung, deren Konzentration und Eindringtiefe, Kosten und Zeit für die bevorstehende Instandsetzung sowie das gewünschte Ergebnis der Optik relevant.

Kategorie I: entfernen
Die einfachste Form der Salzreduzierung ist das mechanische Entfernen (Abbürsten, Abfegen, Absaugen) der Salze von der Oberfläche. Nachteilig ist, dass nur auskristallisierte Salz an der Oberfläche entfernt werden. Salze in tieferen Bauteilschichten können nicht entfernt werden. In diese Kategorie fällt auch das Entfernen von salzbelasteten Fugen, Kompressen oder Opferputzen.

Kategorie II: reduzieren
In diese Kategorie fallen vor allem die elektro-physikalischen Verfahren (nicht zu verwechseln mit den elektro-physikalischen Verfahren im Rahmen der „Mauerwerkstrockenlegung“ ). Hierbei wird am Mauerwerk eine Spannung angelegt und die gelösten Salze zu einer Opferanode geleitet, an der sie auskristallisieren. Durch das Entfernen der Opferanode werden die Salze mit entfernt. Verfahren sind z. B. das AET-Verfahren, Delta-P-Verfahren, ETB-Verfahren und Kerasan-Verfahren (eine Beschreibung jedes einzelnen Verfahrens würde den Rahmen an dieser Stelle sprengen).

Außerdem gehören in diese Kategorie so genannten Kompressen. Der Begriff „Kompresse“ wird allerdings für mehrere verschiedene Methoden verwendet, daher muss eine Unterscheidung vorgenommen werden. In der Baudenkmalpflege kommen besonders kapillaraktive Stoffe mit einer hohen spezifischen Oberfläche zum Einsatz. Hierbei handelt es sich in der Regel um zellulosehaltige Kompressen (meistens Buchenholzzellulose), denen oft tonhaltige Zusätze (meistens Bentonit) oder Perlite zugegeben werden. Diese werden befeuchtet, damit die Salze in die Kompressen einwandern. Nach mehreren Tagen werden die Kompressen und mit ihnen die Salze entfernt. Je nach Salzbelastung wird der Vorgang x-beliebig oft wiederholt.

Das Injektions-Kompressen-Verfahren beseitigt die Nachteile der klassischen Kompressen. Mit ihm kann über spezielle Packer eine gerichtete Wasserströmung hinter der Salzfront initiiert werden, um einen Kapillartransport in die Kompresse zu steuern. Der Vollständigkeit wegen sollen noch die elektrochemische Kompresse, das Saugdocht-Verfahren und Vakuum-Fluid-Verfahren genannt werden (eine Beschreibung jedes einzelnen Verfahrens würde den Rahmen an dieser Stelle sprengen).

Kategorie III: umwandeln
Diese Kategorie wird unterschieden in die chemische Umwandlung („Salzbehandlung“) und mikrobiologische Umwandlung. Durch die Salzbehandlung sollen leicht lösliche oder lösliche Salze in schwer- oder unlösliche Salze „umgewandelt“ bzw. in reaktionsträge Verbindungen überführt werden. Hierzu werden Lösungen von Bleihexafluorosilikat und Bariumhydroxid verwendet, um Sulfate und Chloride Chloride sind Salze der Salzsäure. Sie zählen zur Gruppe der bauschädigenden Salze und treten in Gebäuden oft im Sockel- bzw. „umzuwandeln“. Beide Produkte sind giftig und bilden schwerlösliche Sulfatverbindungen; Bleihexafluorosilikat auch gering lösliches Bleichlorid. Die Produkte sind in Fachkreisen höchst umstritten, da sie neben den beschriebenen Nachteilen auch nur für einen Teil der Salze geeignet sind.

Bei der mikrobiologischen Umwandlung, auch als mikrobielle Denitrifizierung bezeichnet, werden mikrobielle Stoffwechselprozesse durch spezifische heterotrophe sowie autotrophe Bakterienarten (Denitrifikanten) genutzt. Beispiele für denitrifizierende Arten sind u. a. Paracoccus denitrificans, Thiobacillus denitrificans und Pseudomonas stutzeri. Diese Mikroorganismen wandeln den im Nitrat (NO3-) gebundenen Stickstoff zu molekularem Stickstoff (N2) um oder anders ausgedrückt: die Nitrate werden unter anaeroben Bedingungen zu Stickstoff umgewandelt. Hierbei nutzt man aus, dass diese Mikroorganismen Nitrat als Oxidationsmittel für ihren oxidativen Energiestoffwechsel benötigen, wenn kein oder nur begrenzt gelöster molekularer Sauerstoff (O2) zur Verfügung steht. Die zurückbleibenden Kationen bilden gleichzeitig Carbonat-Verbindungen, so dass letztendlich ein Salz durch ein anderes ersetzt wird. Calcium- und Magnesiumnitrate werden zu schwerlöslichen Calcium- und Magnesiumcarbonaten umgesetzt. Je nach Objektbedingungen werden die Mikroorganismen auf die Oberfläche geimpft, als Substrat Für das Wachstum von Mikroorganismen geeigneter Nährboden oder ggf. auch Oberflächen bzw. Untergründe. in das Bauteil injiziert oder in Form einer Bio-Kompresse aufgetragen oder umwickelt.

Kategorie IV: einlagern
In diese Kategorie fallen vor allem Putzsysteme wie z. B. Opferputze oder Sanierputze sowie spezielle Salzspeicherplatten. Das Prinzip ist mit den bereits beschriebenen Kompressen vergleichbar. Durch eine offenporige Struktur wandern auf kapillarem Weg gelöste Salze in eine Schicht, um dort gezielt auszukristallisieren. Man verlagert quasi die Verdunstungs- und somit Kristallisationszone in das Porengefüge.

Als Salzspeicherplatten werden in der Regel Kalziumsilikatplatten verwendet. Diese haben eine geregelte Wasseraufnahme bei gleichzeitig hoher Wasserdampfdiffusion Als Diffusion (lat. = ausbreiten) wird ein physikalischer Vorgang des Vermischens bzw. eine durch Konzentrationsunterschiede hervorgerufene, gegenseitige Durchdringung zweier oder ( µ-Wert Wasserdampf diffundiert durch nahezu alle Baustoffe (mit Ausnahme von Glas und Metall). Die Fähigkeit von Baustoffen, für Wasserdampf durchlässig zu 6 bis 10), ein hohes Porenvolumen von 80 bis 90 Vol.-% und somit eine hohe spezifische Oberfläche. Darüber hinaus haben diese Platten ein besonders gutes Sorptionsvermögen. Dies bedeutet, dass sie Feuchtigkeit aufnehmen, zwischenspeichern und wieder abgeben können. Die Verdunstungszone (Kapillarbrechung) in der Salzspeicherplatte liegt in einer Tiefe von ca. 10 mm unter der Oberfläche, so dass die Salze in diesem Bereich auskristallisieren bzw. in den Poren einlagert werden. Hierfür ist wichtig, dass die Platten vollflächig auf dem Untergrund aufgeklebt werden. Bei einer Punkt-Wulst-Verklebung besteht die Gefahr Die Beurteilung möglicher Gefahren beantwortet die Frage, ob ein Stoff für Mensch oder Umwelt gefährliche Eigenschaften aufweist. Die Klassifizierung gefährlicher , dass zwischen Platte und Untergrund ein kleiner Spalt verbleibt. In Folge würde die kapillare Wasseraufnahme unterbrochen, so dass keine Salze in die Platte einwandern können. Wenn das Porenvolumen der Platte mit Salzen gesättigt ist, muss diese ausgetauscht werden. Gegenüber Sanierputzen haben Salzspeicherplatten den Vorteil, dass sie keine zusätzliche Feuchtigkeit einbringen, eine definierte Schichtdicke und eine höhere Oberflächenfestigkeit haben.