Sanierung

Schlagregenschutz

Fassaden von Gebäuden in exponierter Lage mit einer Ausrichtung zur Hauptwetterrichtung sind nicht nur Niederschlägen in Form von Regen ausgesetzt, sondern insbesondere auch Schlagregen und somit einer erhöhten Durchfeuchtung Der Begriff der Durchfeuchtung wird in Bezug auf Neu- und Altbauten sowie im Rahmen der Bauwerkserhaltung sehr vielfältig benutzt. Im . Durch Risse, offene Fugen oder mangelhafte Abdichtungen an Bauteilanschlüssen und dgl. kann diese Feuchtigkeit weit in die Baukonstruktion eindringen und Bauschäden Der Begriff des Bauschadens wird unterschiedlich definiert. So werden im 3. Bauschadensbericht der Bundesregierung darunter alle negativen Veränderungen der Bauteileigenschaften verursachen. Niederschläge durch Regen oder Schlagregen werden oft synonym verwendet. Allerdings gibt es einen Unterschied: erst die Kombination aus Regen und Wind ergibt den Schlagregen, so dass dem Winddruck eine besondere Bedeutung bei der Durchfeuchtung von Fassaden zukommt. Außerdem kann die Windbelastung vor Ort aus unterschiedlichen Richtungen kommen, so dass der Schlagregenschutz Aus der gleichzeitigen Einwirkung von Regen und Wind leitet sich die Schlagregenbeanspruchung von Fassaden ab. Das auf die Fassade auftreffende für eine Fassade individuell pro Gebäude geplant und ausgeführt werden muss. Der Schlagregenschutz wird definiert als die Widerstandsfähigkeit der Gebäudehülle gegen dauerhaft erhöhte Feuchtebeanspruchungen aus Schlagregen. Dieser kann durch konstruktive Maßnahmen oder eine entsprechende Bauweise wie z. B. zweischaliges Mauerwerk, Außenwandbekleidung oder Wärmedämm-Verbundsystem mit entsprechenden Putzbeschichtungen erreicht werden. Welche dieser Möglichkeiten für das jeweilige Gebäude geeignet sind, richtet sich u. a. nach der Schlagregenbeanspruchung und der Wasseraufnahme der Bauteiloberflächen.

Während eine Außenwandkonstruktion z. B. aus einem Wärmedämm-Verbundsystem bei allen Beanspruchungsgruppen eingesetzt werden kann, gelten Einschränkungen für einzelne Ausführungsvarianten. So können z. B. Außenputze ohne besondere Anforderungen an die Schlagregenbeanspruchung nur in Regionen eingesetzt werden, die der Beanspruchungsgruppe I zugeordnet sind. Für die beiden höheren Beanspruchungsgruppen muss ein wasserabweisender Putz zur Ausführung kommen. Die DIN 4108 unterscheidet z. B. Beschichtungen nach ihrer jeweiligen Wasseraufnahme:

  • wasserhemmend: Wasseraufnahmekoeffizient oder w-Wert ≤ 2 kg/(m²∙h0,5)
    Hinweis: es muss sichergestellt werden, dass die aufgenommene Wassermenge in der Feuchteperiode in den Trockenperioden wieder abgegeben werden kann
  • wasserabweisend: Wasseraufnahmekoeffizient oder w-Wert ≤ 0,5 kg/(m²∙h0,5)
    Hinweis: die wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd beträgt gleichzeitig ≤ 2 m sowie das Produkt dieser beiden Kenngrößen w • sd ≤ 0,2 kg/(m∙h0,5)
  • wasserdicht: Wasseraufnahmekoeffizient oder w-Wert ≤ 0,001 kg/(m²∙h0,5)
    Hinweis: die Wasseraufnahme ist in diesem Fall so gering, dass auf eine Begrenzung der wasserdampfdiffusionsäquivalenten Luftschichtdicke verzichtet werden kann. Kapillar nicht wasseraufnahmefähig sind Baustoffe, die entweder nicht kapillar porös oder die nicht benetzbar (keine Kapillarwirkung) sind.

Fassadenbeschichtungen müssen eine Reihe von in sich widersprüchlichen Anforderungen erfüllen: sie sollen eine hohe Wasserabweisung besitzen und hoch elastisch sein (um mögliche Risse zu vermeiden), aber gleichzeitig hoch wasserdampfdiffusionsfähig sein (was an sich schon ein Widerspruch ist). Außerdem sollen Fassadenbeschichtungen eine gute Untergrundhaftung auf allen Untergründen haben und gleichzeitig so wenig wie möglich organische Bestandteile aufweisen. Sie sollen möglichst biozidfrei und gleichzeitig gegen mikrobiellen Befall Unter Befall wird die Besiedlung durch Schadorganismen (Mikroorganismen, Insekten oder Holzschädlinge) und die nachfolgende Einwirkung der Organismen auf das Holz, resistent sein. Allein diese kurze Aufzählung zeigt, dass es um die Summe der bauphysikalischen Eigenschaften geht und um eine ganzheitliche Betrachtung, die über einen nachhaltigen Fassadenschutz entscheidet. Diese Erkenntnis ist auch nicht neu und wurde bereits Ende der 1960-er Jahre durch das Fraunhofer Institut für Bauphysik Die Bauphysik ist eine Anwendung der Physik und ihrer Gesetzmäßigkeiten auf Bauwerke und Bauwerksteile. Hauptgebiete der Bauphysik sind Wärmeschutz (Wärmeübertragung niedergeschrieben. Die viel beachtete Fassadenschutz-Theorie Ende der 1960-er Jahre wurde durch H. Künzel vom Institut für Bauphysik der Fraunhofer-Gesellschaft in Holzkirchen eine viel beachtete Theorie von Prof. Dr. H. Künzel basierte auf der Erkenntnis, dass ein wirksamer Feuchteschutz immer dann gegeben ist, wenn die Wasserabgabe einer Fassade wesentlich größer ist als deren Wasseraufnahme oder anders ausgedrückt, wenn die Fassade in den Trockenperioden die Feuchtigkeit wieder abgibt, die sie in der Regenperiode aufgenommen hat. Gleiches Prinzip gilt für die Tauperiode (Winter) und Verdunstungsperiode (Sommer). Die Grundformel hierfür lautet:

w • sd ≤ 0,1 kg/(m • h0,5)

und basiert auf den Randbedingungen einer Wasserdampfdiffusion Als Diffusion (lat. = ausbreiten) wird ein physikalischer Vorgang des Vermischens bzw. eine durch Konzentrationsunterschiede hervorgerufene, gegenseitige Durchdringung zweier oder (sd-Wert) ≤ 2 Meter und einer kapillaren Wasseraufnahme (w-Wert) ≤ 0,5 kg/(m² · h0,5). Fassadenbeschichtungen mit einer hohen Wasseraufnahme sind nicht automatisch „schlechter“, wenn sie gleichzeitig eine hohe Diffusionsfähigkeit besitzen – gleiches gilt auch umgekehrt: Putze oder Farben mit einer hohen Wasserabweisung sind nicht automatisch gut, wenn sie gleichzeitig über ein eingeschränktes Wasserdampfdiffusionsverhalten verfügen. Deshalb muss neben dem w- und sd-Wert auch der µ-Wert betrachtet werden: der Wasserdampfdiffusionswiderstand. Dieser beschreibt den Widerstand von Materialien wie z. B. Putze oder Farben gegen die Wasserdampfdiffusion durch ein Bauteil. Mineralwolle z. B. hat einen μ-Wert von 1 und somit einen Wasserdampfdiffusionswiderstand, der vergleichbar mit Luft ist. Ursächlich ist die offene Struktur der Mineralwolle, die zu einem hohen Anteil aus Luft besteht und somit eine hohe Wasserdampfdiffusion aufweist. Ein Vergleich zwischen mineralischen Putzen (µ-Wert 10) und z. B. Kunstharzputzen (50) oder z. B. zwischen Silikatfarben (µ-Wert 30 bis 50) mit Dispersionsfarben (100 bis 150) zeigt, dass es innerhalb der vermeintlich gleichen Baustoffe relevante Unterschiede gibt.

Beim Schlagregenschutz muss daher immer auch das materialspezifische Feuchteverhalten der Baustoffoberflächen berücksichtigt werden. Hierzu zählt auch das Sorptionsvermögen ( Absorption Der Begriff kommt aus dem Lateinischen: absorbere = aufnehmen. Die Absorption ist die Aufnahme von Energie z. B. von Strahlungs- und Desorption Siehe Sorption. ) von Baustoffen, also die Eigenschaft von Baustoffen, anfallende Feuchtigkeit an der Oberfläche aufzunehmen, in den oberflächennahen Schichten zu speichern und innerhalb des Baustoffs zu verteilen sowie anschließend an der Oberfläche wieder abzugeben.

Neben den Anforderungen in der Fläche für Putzsysteme, Beschichtungen oder Klinker und keramische Beläge auf monolithische Bauweise, hinterlüftete Außenfassaden, Wärmedämm-Verbundsysteme oder Gebäude in Holzbauweise muss der Schlagregenschutz insbesondere an Bauteilanschlüssen und Fugen durch geeignete Materialien wie z. B. Fugendichtstoffe, Dichtbänder und/oder Folien sichergestellt werden. Darüber hinaus muss der Schlagregenschutz auch bei Fensterkonstruktionen sichergestellt werden.