Der einfache Nachweis über die bloße Existenz von Schimmelpilze Pilze sind weit verbreitete Organismen auf der Erde und besiedeln unterschiedlichste Substrate, auf oder in denen sie auf Grund ihrer (und Bakterien Der Begriff Bakterien (Bacteria) ist aus dem altgriechischem (bakterion = Stäbchen) abgeleitet und wird in der Mikrobiologie traditionell für alle ) in Innenräumen bringt zunächst einmal recht wenig. Bekanntlich sind Schimmelpilze ubiquitär Der Begriff ubiquitär kommt aus dem Lateinischen (lat. ubique) und heißt so viel wie „überall vorkommend“, „allgemein verbreitet“ oder „allgegenwärtig“. , also überall vorkommend – und somit auch in Innenräumen. Eine auf den ersten Blick hohe Konzentration von bestimmten Schimmelpilzgattungen und -arten muss ebenfalls noch nichts zu bedeuten haben, da einige Schimmelpilze in hohen Konzentrationen vorliegen und relativ harmlos sind. Hinzu kommt, dass Menschen unterschiedlich auf verschiedene Schimmelpilze und/oder deren Stoffwechselprodukte reagieren können, so dass in einem Fall der mikrobielle Befall Unter Befall wird die Besiedlung durch Schadorganismen (Mikroorganismen, Insekten oder Holzschädlinge) und die nachfolgende Einwirkung der Organismen auf das Holz, überhaupt nicht wahrgenommen wird, in anderen Fällen z. B. Allergien oder andere Beschwerden verursacht werden können. Die allgemeine Annahme, dass ein kleiner und kaum Sichtbarer Befall Bei mikrobiellem Befall werden drei verschiedene Stufen unterschieden: der sichtbare Befall, der nicht sichtbare Befall und der verdeckte oder versteckte harmlos sein muss und umgekehrt ein großflächiger Befall automatisch ein schwerwiegendes Gesundheitsproblem verursachen muss, ist pauschal nicht richtig. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Erst die Bewertung der Messergebnisse im ganzheitlichen Kontext ergibt konkrete Hinweise über mögliche Gesundheitsgefahren, über mögliche Ursachen und Quellen und gibt mögliche Handlungsanweisungen für deren Beseitigung und Vorbeugung.
Um etwas bewerten zu können, braucht es immer einen Bezugspunkt. Im Kontext zu Schimmelpilzen in Innenräumen wäre dies im Idealfall ein schimmelpilzfreier Innenraum Ein Innenraum im Kontext der Schimmelpilzanalyse und -sanierung sind Wohnungen mit Wohn-, Schlaf-, Kinder-, Arbeits-, Hobby-, Sport- und Kellerräume usw. (Nachweis auf Schimmelpilzsporen und andere mikrobielle Partikel Feste oder flüssige Teilchen in schwebefähiger Verteilung in Flüssigkeiten oder Gasen. = Null). Dies ist in privat genutzten Innenräumen unrealistisch, da durch Luftaustausch mit der Außenluft sowie der Nutzung durch Mensch und Tier sowie Pflanzen u. a. eine gewisse mikrobielle Kontamination Verunreinigung, Verschmutzung, Verseuchung mit Schadstoffen; z. B. von Räumen, Gegenständen, Nahrungsmitteln oder auch der Umwelt. völlig normal ist.
Die Alternative wäre, sich an Grenz- oder Richtwerten zu orientieren. Das Problem ist, dass es für privat genutzte Innenräume genau diese nicht gibt. Zu individuell sind die unterschiedlichen Einflussfaktoren in einem privaten Umfeld, als dass diese standardisiert werden könnten. Infolgedessen ist es kaum möglich, eine reproduzierbare Kausalität zwischen dem Auftreten von Schimmelpilzen (und Bakterien) und gesundheitlichen Beschwerden herzustellen. Schließlich gibt es auch Expositionsquellen von Mikroorganismen Mikroorganismen stellen die Wurzel des „Stammbaums des Lebens“ auf der Erde dar. Sie produzieren etwa zwei Drittel der gesamten Biomasse außerhalb der „eigenen vier Wände“, die ursächlich sein können. Hinzu kommt, dass Untersuchungen auf Schimmelpilze in Innenräumen immer nur eine Momentaufnahme sind, die durch eine Reihe von Einflussfaktoren bestimmt werden wie z. B. das jahreszeitlich oder räumlich unterschiedliche Auftreten verschiedener Schimmelpilzarten, die Tatsache, dass es neben kultivierbaren auch nicht kultivierbare Schimmelpilzarten gibt und dass Schimmelpilze unter „Stress“ Unmengen von Stoffwechselprodukten wie Mykotoxinen oder MVOC Abkürzung für microbial volatile organic compounds = mikrobielle flüchtige organische Verbindungen. Bei Auftreten von Schimmelpilzen infolge von Feuchtigkeitsschäden oder bei produzieren können, die unter „normalen“ Bedingungen vernachlässigt werden können. Außerdem ist die gesundheitliche Bedeutung anderer Einflussgrößen wie z. B. Bakterien und/oder ihre Endotoxine sowie die von ihnen produzierten Exotoxine in Innenräumen noch zu wenig erforscht.
Daher bleibt nur der Vergleich von mikrobiellen Belastungen der Innenraumluft mit denen in der Außenluft, die als Hintergrundbelastung Nicht zu vermeidende, ständig vorhandene Kontamination der Raumluft, Oberfläche oder Baustoffe. einen Referenzwert Ein Referenzwert dient häufig als Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit von Maßnahmen und darf nicht mit einem Grenzwert oder darstellt. In der Bewertung der Innenraumbelastung wird diese Differenz zwischen innen und außen im Kontext zu weiteren Parametern wie z. B. der Gesundheitsgefahr, die von bestimmten Schimmelpilzen ausgehen kann und/oder denen bestimmte Risikogruppen ausgesetzt sind, bewertet. Dies ist auch die Grundlage für die Erstellung einer Risikogefährdung für durchzuführende Sanierungen, die in Abhängigkeit so genannter Nutzungsklassen erfolgt.
Durch epidemiologische Studien wurde lt. Umweltbundesamt Zu den Aufgaben des Umweltbundesamtes (UBA) gehören u. a. die wissenschaftliche Unterstützung und Beratung des BMU und der Bundesregierung in ( UBA Siehe Umweltbundesamt. ) belegt, dass mit Feuchteschäden und Schimmelpilzwachstum gesundheitliche Beeinträchtigungen einhergehen können, so dass Schimmelpilzbefall in Innenräumen als hygienisches Problem eingestuft wird und nach dem Vorsorgeprinzip unbedingt minimiert werden sollte.
Bei mikrobiellem Befall in Innenräumen muss zwischen einer optischen Bewertung z. B. bei einem sichtbaren Befall, einer hygienischen Bewertung z. B. je Raumnutzung, einer medizinischen Bewertung z. B. bei Vorliegen von Vorerkrankungen oder gesundheitlichen Beschwerden und einer rechtlichen Bewertung z. B. bei einem Rechtsstreit unterschieden werden.
Tabelle: Orientierungs- und Bewertungshilfe für einen sichtbaren Befall in Anlehnung an das Umweltbundesamt
Bei den Angaben in der Tabelle handelt es sich um Erfahrungswerte zur Orientierung, die im Einzelfall abweichen können. Eine individuelle Beurteilung der Innenraumsituation können diese Angaben nicht ersetzen. Wichtig ist, dass nicht nur die Größe der befallenen Fläche beurteilt wird, sondern auch ein evtl. Wachstum in tieferen Schichten. Außerdem kann es vorkommen, dass der mikrobielle Befall nicht in Form einer durchgehenden Fläche auftritt, sondern ggf. punktuell und auf der Fläche verteilt. Soweit erkennbar, sollte zwischen einem aktiven Befall und einem toten Befall (abgetrocknet, abgetötet) unterschieden werden. Bei einem aktiven Befall können hohe Mengen lebensfähiger Sporen Der Begriff Sporen ist aus dem Griechischen abgeleitet und bedeutet so viel wie das Säen, die Saat oder der Samen. und Stoffwechselprodukte produziert und in die Umgebung abgegeben werden. Bei einem getrockneten oder getöteten Befall nimmt diese mikrobielle Kontamination mit der Zeit ab, dennoch kann diese allergisch, reizend oder toxisch wirken.
Die Bewertung eines nicht sichtbaren Befalls oder verdeckten Befalls, wenn dieser durch Bauteilöffnung oder Rückbau Entfernen von Bau- oder Einbauteilen. freigelegt wurde, erfolgt analog der Bewertung bei sichtbaren Befall.
Im zweiten Schritt werden z. B. Materialproben bewertet. Hierzu erfolgt ein Vergleich der mikrobiell belasteten Materialproben, die in Innenräumen entnommen wurden, mit unbelasteten Materialien. Diese gelten als Hintergrundbelastung. Erfahrungswerte namhafter mikrobiologischer Labore und mykologischer Institute besagen, dass bei neuen Baustoffen und Materialien in der Regel ab einer Konzentration von mehr als 100 KBE Sobald sich ein einzelliger Mikroorganismus mehrere hundertfach durch Zellteilung vermehrt hat, wird er als Kolonie auf dem Nährboden mit bloßem /g ( Kolonie Bildende Einheit Siehe KBE. pro Gramm) Material von einem mikrobiellen Wachstum im Material ausgegangen werden muss. Die Hintergrundbelastung von älteren Baustoffen und Materialien ist dem entsprechend um einiges höher, hierzu liegen keine Referenzwerte vor. Gleiches gilt für die Konzentration von Bakterien (Gesamt-KBE) in Materialien. Diese liegen erfahrungsgemäß um ca. eine Zehnerpotenz über den Konzentrationen von Schimmelpilzen.
Auch bei diesen Angaben handelt es sich um Erfahrungswerte zur Orientierung, die im Einzelfall abweichen können. Eine individuelle Bewertung können diese Angaben nicht ersetzen. Gerade bei Materialproben ist wichtig, dass nicht nur die Größe der befallenen Fläche beurteilt wird, sondern auch ein evtl. Wachstum in tieferen Schichten. Schließlich liefern diese Angaben wichtige Hinweise für einen möglichen Rückbau.
In den meisten Fällen erfolgt eine Bewertung der mikrobiellen Belastung in Innenräumen auf Grundlage von Luftproben. Diese sind Spiegelbild der Konzentration und Zusammensetzung von Schimmelpilzsporen und anderer mikrobieller Partikel sowie Stoffwechselprodukten von Schimmelpilzen (und Bakterien) in der Innenraumluft. Diese haben aufgrund der möglichen Inhalation Einatmung von Medikamenten zur Behandlung oder auch von Narkosemitteln. Aber auch das unbeabsichtigte Einatmen von Giftgasen oder anderen Schadstoffen wird der Raumluft eine hohe Bedeutung und dienen vor allem als Hinweis und Nachweis auf einen nicht sichtbaren Befall und/oder einen verdeckten Befall sowie ggf. auf Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen wie Mykotoxine Von etwa 300 Schimmelpilzarten ist bekannt, dass sie Mykotoxine (Schimmelpilzgifte) bilden. Hierbei handelt es sich um für den Menschen zum oder MVOC. Aufgrund von einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Einflussfaktoren auf Luftkeimsammlungen setzt die Bewertung einen hohen Sachverstand, Fachkompetenz und vor allem Erfahrung voraus. Die zum Teil erheblichen Schwankungen von Schimmelpilzkonzentrationen in der Innenraumluft werden in den meisten Fällen durch exogene Faktoren (z. B. Jahreszeiten, Witterung, Umgebung) beeinflusst, auf die die Schimmelpilz-Diagnostik keinen Einfluss hat. Hinzu kommt die Morphologie der Mikroorganismen und insbesondere die Wachstumsvoraussetzungen Die Wachstumsvoraussetzungen für Schimmelpilze sind in erster Linie Feuchtigkeit, wobei die unterschiedlichen Spezies ein unterschiedliches Wasserangebot bevorzugen. Die meisten Schimmelpilze und der Lebenszyklus sowie die Flugfähigkeit der Sporen u. v. m., was bei der Auswertung von Luftproben beachtet und in der Bewertung berücksichtigt werden muss. Gerade die Erfahrung mit Schimmelpilzen der Gattungen Penicillium Der auch als so genannter „Pinselschimmel“ bekannte Schimmelpilz ist besonders in kühlen und gemäßigten Gebieten weit verbreitet und ein wesentlicher und Aspergillus mit trockenen, relativ leichten und gut flugfähigen Sporen zeigt, dass auch bei einem kleinen mikrobiellen Befall bereits hohe Sporenkonzentrationen in der Luft vorliegen können. Diese Sporen sind in der Regel sehr klein, werden in großer Menge gebildet und können bereits bei kleinsten Luftbewegungen aufgewirbelt und im Innenraum verteilt werden. Dies macht sie für eine mögliche Inhalation so gefährlich. Für Schimmelpilzgattungen Acremonium Acremonium ist eine Gattung der Schimmelpilze, die auch in Innenräumen vorkommt, bevorzugt in Feuchträumen sowie auf Papier, Tapeten, Kunststoffe, Holz , Fusarium Fusarium ist ein Schimmelpilz und stellt einen weltweit verbreiteten Bodenbewohner dar. Außerdem bewachsen die verschiedenen Arten alle Getreidesorten und Gräser und Stachybotrys Stachybotrys ist ein zelluloseabbauender Schimmelpilz. Vor allem Stachybotrys chartarum (alte Bezeichnung atra) gilt als typischer Feuchtepilz, da er meist nach gilt genau das Gegenteil. Ihre Sporen sind relativ schwer und träge und werden in Luftproben so gut wie nie nachgewiesen.
Bei der Bewertung von Luftproben geht es um den Nachweis der Schimmelpilzkonzentration sowie eines nicht sichtbaren und/oder verdeckten Befalls. Außerdem geht es um eine Einschätzung, ob eine mikrobielle Belastung eher aus der Hintergrundkonzentration – also einer durch die Außenluft verursachten Kontamination – resultiert oder eine Innenraumquelle hierfür verantwortlich ist.
Tabelle: Orientierungs- und Bewertungshilfe für Luftproben (
Kultivierbare Schimmelpilze
Anteil an der Gesamtzahl von Schimmelpilzen, der unter den verwendeten Kultivierungsbedingungen angezüchtet werden kann. Die Kultivierbarkeit hängt z. B. von
in KBE/m³) in Anlehnung an das Umweltbundesamt
* innenraumindizierte Schimmelpilzarten mit einer hohen Indikation für Feuchteschäden wie z. B. Acremonium spp.,
Aspergillus versicolor
Der Aspergillus versicolor ist ein Schimmelpilz, der Getreide, Lebensmittel und verschiedene Fleischprodukte befällt. In Innenräumen wird diese Art häufig in
,
Aspergillus restrictus
Der Aspergillus restrictus ist ein Schimmelpilz, der auf Getreide, Lebensmitteln und Papier vorkommt. Er ist häufig nach der Austrocknung von
,
Chaetomium
Chaetomium ist eine Gattung der Schimmelpilze und gehört zu den so genannten Dematiaceae (auch Schwärzepilze genannt), da die Hyphen oder
spp.,
Phialophora
Der Phialophora ist ein Schimmelpilz und gilt als Fäulniserreger und Indikatorpilz für Feuchteschäden. Er ist nachweisbar auf zerfallenem Holz, im
spp.,
Scopulariopsis
Scopulariopsis ist ein Schimmelpilz, der weltweit auf sehr unterschiedlichen Substraten vorkommt, vor allem im Erdboden, Stroh und auf verrottenden Pflanzen.
, Stachybotrys chartarum,
Trichoderma
Trichoderma ist ein ubiquitär vorkommender Schimmelpilz. Neben einer Besiedlung von Böden und Pflanzenwurzeln trifft man den Mikropilz auch auf abgestorbenen
spp.
Die Bewertungskriterien dürfen nicht einzeln betrachtet werden, sondern müssen ganzheitlich betrachtet werden. Bei den Angaben handelt es sich um Erfahrungswerte zur Orientierung, die im Einzelfall abweichen können. Eine individuelle Beurteilung der Innenraumsituation können diese Angaben nicht ersetzen. Die Erfahrungswerte beziehen sich auf Luftproben, die unter normalen Bedingungen, ohne dass Staub Staub ist die Sammelbezeichnung für feste Teilchen (Partikel), die in der Luft längere Zeit verteilt bleiben (schweben) oder sich binnen aufgewirbelt wurde, entsprechend der DIN ISO 16000-16 bzw. DIN ISO 16000-18 genommen wurden.
Bei der Bewertung der mikrobiellen Belastung in Innenräumen macht es keinen Sinn, Schimmelpilze wie z. B. Alternaria Unter Alternaria werden eine etwa 50 Arten umfassende, weltweit verbreitete Anamorph-Gattung der Hyphomycetes mit dunklen, muriform septierten Conidien zusammengefasst, die , Cladosporium Cladosporium ist ein Schimmelpilz, der sowohl in der Außen- als auch in der Innenluft häufig anzutreffen ist. Mit 60 bis oder Fusarium zu berücksichtigen, die normaler Bestandteil der Außenluft sind und erhöhte Konzentrationen erreichen. Diese Schimmelpilzarten dienen lediglich als Referenz zum Abgleich der Hintergrundbelastung.
Tabelle: Orientierungs- und Bewertungshilfe für Luftproben – Gesamtsporensammlung (Sporen,
Myzel
Das Myzel (auch Myzelium oder im Plural Myzelien genannt) ist ein Pilzgeflecht und wird durch die Gesamtheit eines aus verzweigten
und andere mikrobielle Partikel pro m³) in Anlehnung an das Umweltbundesamt