Untersuchungen

Besondere Anforderungen an medizinische Sachverständige

In mündlichen und/oder schriftlichen Aussagen von Bausachverständigen findet man sehr häufig eine Bewertung von rechtlichen und/oder medizinischen Sachverhalten. Selbst mit einer umfangreichen Zusatzqualifizierung zum Sachverständigen für die Erkennung und Bewertung von Schimmelpilzschäden (z. B. vom TÜV) fallen juristische oder umweltmedizinische Beurteilungen nicht in das Aufgabengebiet eines Bausachverständigen. Hierfür gibt es Juristen und medizinische Sachverständige, auch wenn Auftraggeber in der Regel eine ganzheitliche Einschätzung durch den Sachverständigen wünschen.

In dem aktuellen Leitfaden „Zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung Der Begriff Sanierung im Kontext der Schimmelpilzsanierung beschreibt die Beseitigung von Gefahren, Gefährdungen oder Belästigungen durch mikrobiellen Befall bis hin von Schimmelbefall in Gebäuden“ des Umweltbundesamtes ( UBA Siehe Umweltbundesamt. ) heißt es hierzu, dass Schimmelpilze Pilze sind weit verbreitete Organismen auf der Erde und besiedeln unterschiedlichste Substrate, auf oder in denen sie auf Grund ihrer in Innenräumen ein Gesundheitsrisiko darstellen, ohne dass ein quantitativer und kausaler Zusammenhang zwischen dem Vorkommen einzelner Schimmelpilzarten und ihrer Stoffwechselprodukte und den unspezifischen Gesundheitsbeschwerden der Menschen in diesen Innenräumen gesichert hergestellt werden kann. Denn, neben der Exposition (von lat. exponere, expositum = herausstellen, aussetzen) Grad der Gefährdung für einen Organismus, der sich aus der Häufigkeit und Intensität von Schimmelpilzarten und ihrer -gattungen sowie in den meisten Fällen von Mischexpositionen verschiedener Mikroorganismen Mikroorganismen stellen die Wurzel des „Stammbaums des Lebens“ auf der Erde dar. Sie produzieren etwa zwei Drittel der gesamten Biomasse muss der individuelle Gesundheitszustand der Menschen ( Prädisposition Die Empfänglichkeit einer Person für eine bestimmte Erkrankung. ) berücksichtigt werden – und dies ist Aufgabe von Medizinern. In dem Zusammenhang weist das Umweltbundesamt Zu den Aufgaben des Umweltbundesamtes (UBA) gehören u. a. die wissenschaftliche Unterstützung und Beratung des BMU und der Bundesregierung in daraufhin, dass selbst die quantitative Bestimmung der Kolonie Unter Kolonie wird in der Mikrobiologie die aus einem Keim (beispielsweise einer Zelle oder einer Spore) durch Wachstum oder Vermehrung bildenden Einheiten ( KBE Sobald sich ein einzelliger Mikroorganismus mehrere hundertfach durch Zellteilung vermehrt hat, wird er als Kolonie auf dem Nährboden mit bloßem ) nicht zu einer gesundheitlichen Einschätzung oder medizinischen Bewertung geeignet ist, auch wenn dies in der Praxis geläufig ist.

Relevanter als der Leitfaden des Umweltbundesamtes ist daher die Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen“ der Wissenschaftlich Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Diese Leitlinie basiert auf der Stellungnahme der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin Die Umweltmedizin ist ein Teilgebiet der Medizin, das sich mit dem Einfluss der Umwelt auf die Gesundheit befasst. Die Lehre “ des Robert Koch-Instituts (2007), der WHO Abk. für World Health Organization, die Weltgesundheitsorganisation – 1946 in New York gegründet und seit 1948 als größte Organisation der -Richtlinie „Guidelines for Indoor AIR AIR ist ein Akronym für den „Ausschuss für Innenraumrichtwerte”, der beim Umweltbundesamt angesiedelt ist und Richtwerte für die Innenraumluft festsetzt. Quality: Dampness and Mould“ (2009) und den auf das Thema „Schimmelpilze und Gesundheit Umgangssprachlich ist es üblich, Gesundheit mit dem Gegenteil oder der Abwesenheit von Krankheit zu beschreiben. Auch wenn die individuelle Gesundheit “ wissenschaftlich ausgerichteten Workshops der Gesellschaft für Hygiene Das Wort Hygiene stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „eine der Gesundheit zuträgliche Kunst“. Es ist von , Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) und anderer Fachgesellschaften. Lt. „AWMF-Schimmelpilzleitlinie“ unterliegt die Gefährdungsbeurteilung Die Gefährdungsbeurteilung umfasst als zentrales Element des betrieblichen Arbeitsschutzes die systematische Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen und Bewertung eines Gesundheitsrisikos durch Schimmelpilzbefall primär der Zuständigkeit eines Arztes. Dem entsprechend liegt der Fokus der Leitlinie auch mehr auf den im Zusammenhang mit Schimmelpilzbefall besonders zu schützenden Risikogruppen  – und auch hierfür ist die Expertise eines Mediziners notwendig. Daher sollten Bausachverständige wie auch alle anderen Nicht-Mediziner irgendwelche pauschalen Einschätzungen zu möglichen Gesundheitsrisiken wie z. B. Allergien unterlassen und auch keine Bewertung der individuellen Situation abgeben. Dies ist ausschließlich Aufgabe für medizinische Sachverständige.

Ein medizinischer Sachverständiger ist ein Mediziner, der für einen Auftraggeber wie z. B. Gerichte, Versicherungen, Berufsgenossenschaften, Rechtsanwälte oder Privatpersonen zu Fragen des Gesundheitszustands von Menschen im Zusammenhang mit Mikroorganismen in Innenräumen oder durch diese im Verdacht stehende Gesundheitsrisiken bzw. durch sie verursachte Gesundheitsbeschwerden Stellung nimmt bzw. konkrete Fragestellungen beantwortet. Die Sachverständigen tragen mit ihrer medizinischen Begutachtung eine hohe Verantwortung, da es neben der Klärung von Sachfragen vor allem um den Gesundheitszustand von Menschen geht. Nach der Zivilprozessordnung sowie der Berufsordnung der jeweiligen Landesärztekammer ist in Deutschland jeder approbierte Arzt verpflichtet, ein Sachverständigengutachten für ein Gericht zu erstellen. Ein medizinisches Gutachten ist eines der wichtigsten Beweismittel im Gerichtsverfahren, wenn z. B. eine der Parteien einen so genannten immateriellen Schaden, besser bekannt als Schmerzensgeld, geltend macht und diesen mit Schimmelpilzbefall begründet, für die eine andere Partei verantwortlich sein soll.

Beispiel: eine Familie mit zwei Kindern zieht im Oktober in eine neue Wohnung. Bisher war der Gesundheitszustand der Kinder „unauffällig“. Kurz nach dem Einzug zeigen sich bei einem Kind allergische Reaktionen wie asthmaähnliche Anfälle. Nachdem die Eltern im Kinderzimmer hinter der Fußleiste Schimmelpilzbefall festgestellt haben, scheint die Ursache (für sie) schnell geklärt zu sein. Nachdem eine außergerichtliche und gütliche Einigung mit dem Vermieter scheitert und sich der Gesundheitszustand des Kindes deutlich verschlechtert, entschließen sich die Eltern, die Wohnung fristlos zu kündigen und verlangen vom Vermieter die Übernahme der Arzt- und Umzugskosten sowie Schmerzensgeld. Der Vermieter beteuert, dass bei keinem der Vormieter bisher jemals Schimmelpilzbefall aufgetreten ist und vermutet als Ursache ein unzureichendes Lüften oder ungenügendes Heizen. Gleichzeitig besteht er auf Erfüllung des Mietvertrages und akzeptiert nur eine ordentliche und fristgemäße Kündigung. Weitere Ansprüche weist er von sich. Da sich der Gesundheitszustand des Kindes weiter verschlechtert und ein Baubiologe als Privatgutachter die Ursache im Schimmelpilzbefall bestätigt, zieht die Familie aus, nimmt sich einen Anwalt und verklagt den Vermieter auf Schadensersatz (u. a. Schmerzensgeld gemäß § 253 BGB).

Die Sache landet vor Gericht, das auf Antrag der Mieter (Kläger) zunächst einen Bausachverständigen damit beauftragt, die Ursache für den vorliegenden Schimmelpilzbefall zu klären. Dieser führt in seinem Gutachten aus, dass vor allem bauliche Mängel ( Wärmebrücken Wärmebrücken (auch als Kältebrücken bezeichnet) sind Stellen in der Gebäudehülle, in denen örtlich begrenzt ein größerer Wärmefluss als im Übrigen aufgrund fehlender thermischer Entkopplung von auskragenden Decken) ursächlich sind. Nachdem der Vermieter (Beklagter) bestreitet, dass von dem Schimmelpilzbefall überhaupt eine Gesundheitsgefahr ausgeht, beauftragt das Gericht daraufhin einen Mikrobiologen mit der Klärung, ob die vorgefundenen Schimmelpilzarten allergenes Potenzial aufweisen und gesundheitsschädlich sind. Der Mikrobiologe führt zur ersten Beweisfrage aus und stellt fest, dass der mikrobielle Befall Unter Befall wird die Besiedlung durch Schadorganismen (Mikroorganismen, Insekten oder Holzschädlinge) und die nachfolgende Einwirkung der Organismen auf das Holz, in die Kategorie 2 in Anlehnung an die Orientierungs- und Bewertungshilfe des Umweltbundesamtes fällt und dass die gemessenen Kolonie Bildenden Einheiten pro Kubikmeter Raumluft (KBE/m³) knapp dreimal so hoch sind wie die Referenzprobe (Außenluft). Seine Einschätzung ist, dass der mikrobielle Befall hinter der Fußleiste im Kinderzimmer als einzige Ursache zu sehen ist. Weitere Quellen schließt er nicht aus, allerdings ist die Klärung dieser Frage nicht Gegenstand des Beweisbeschlusses. Weiterhin führt der Mikrobiologe aus, dass mit den Schimmelpilzen Acremonium Acremonium ist eine Gattung der Schimmelpilze, die auch in Innenräumen vorkommt, bevorzugt in Feuchträumen sowie auf Papier, Tapeten, Kunststoffe, Holz spp., Aspergillus versicolor Der Aspergillus versicolor ist ein Schimmelpilz, der Getreide, Lebensmittel und verschiedene Fleischprodukte befällt. In Innenräumen wird diese Art häufig in , Aspergillus restrictus Der Aspergillus restrictus ist ein Schimmelpilz, der auf Getreide, Lebensmitteln und Papier vorkommt. Er ist häufig nach der Austrocknung von und Chaetomium Chaetomium ist eine Gattung der Schimmelpilze und gehört zu den so genannten Dematiaceae (auch Schwärzepilze genannt), da die Hyphen oder spp. typische Innenraumarten vorliegen und dass die nachgewiesenen Konzentrationen von 250 bis 400 KBE/m³ als sehr hoch einzustufen sind und einige dieser Arten allergenes Potenzial aufweisen. Ob diese im konkreten Fall den Gesundheitszustand des Kindes verursacht haben oder in wie weit diese den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen, wollte der Mikrobiologe nicht beantworten und wies darauf hin, dass die Beantwortung von medizinischen Fragestellungen bzw. die Bewertung von gesundheitlichen Aspekten nicht in sein Tätigkeitsgebiet fallen. Auf Antrag der Kläger beauftragt das Gericht nun einen medizinischen Sachverständigen damit, die Ursache für den Gesundheitszustand des Kindes zu klären und einen kausalen Zusammenhang mit dem Schimmelpilzbefall herzustellen oder diesen auszuschließen. Der medizinische Sachverständige bestätigt die asthmaähnlichen Anfälle des Kindes und führt in der Befragung der Parteien aus, dass die eingeatmeten Schimmelpilzsporen in der festgestellten Konzentration wesentlich mitursächlich sein können, aber nicht 100%ig ausgeschlossen werden kann, dass die Ursachen auch außerhalb des Zuständigkeitsbereiches des Vermieters liegen können. Schließlich deckt der Beweisbeschluss nicht im Sinne eines Ausschlussverfahrens ab, weitere Quellen wie z. B. das Umfeld des Kindes außerhalb der Wohnung zu untersuchen. Zumal der Beklagte mit Nichtwissen bestritt, dass das Kind nicht schon beim Einzug dies bzgl. Vorerkrankungen hatte und verlangte, dass der Kläger medizinische Unterlagen und ärztliche Befunde vorzulegen hätte, mit denen bewiesen werden sollte, dass das Kind zu Mietbeginn noch keine schimmelpilzspezifischen Gesundheitsbeschwerden hatte – was der Kläger nicht konnte. Daher war dem Kläger nach Einschätzung des Gerichts nicht gelungen, das Gericht hinreichend davon zu überzeugen, dass die asthmaähnlichen Anfälle des Kindes durch den in der Mietwohnung vorhandenen Schimmelpilzbefall verursacht worden ist. Das Gericht war der Überzeugung, dass auch wenn allein bauliche Mängel für die Schimmelpilzbildung in dem Kinderzimmer verantwortlich sind, daraus nicht hinreichend gefolgert werden kann, dass über die relativ kurze Mietzeit Schimmelpilze in einem gesundheitsgefährdenden Umfang gebildet wurden und ausschließlich nur diese Exposition verantwortlich wäre. Weitergehende Untersuchungen lehnten beide Parteien mit Blick auf die Prozesswirtschaftlichkeit ab, schließlich hatten allein die Gutachterkosten bis zu diesem Zeitpunkt knapp einen kleinen fünfstelligen Betrag verursacht. Das Gericht entschied, dass der Auszug der Familie zulässig war und lehnte alle weiteren Ansprüche der Kläger (Mieter) ab. Die Verfahrenskosten gingen zu 92% zu Lasten der Kläger.

Das Problem in diesem Gerichtsprozess war (und wird es in ähnlichen Fällen auch in Zukunft sein), dass eine mögliche Gesundheitsgefahr durch den vorliegenden Schimmelpilzbefall zwar nicht ausgeschlossen werden, allerdings der medizinische Sachverständige auch nicht zweifelsfrei beweisen konnte, dass dieser faktisch zu einem Gesundheitsschaden geführt hat. Und an den kausalen Nachweis eines Gesundheitsschadens werden vor deutschen Gerichten außerordentlich hohe Anforderungen gestellt. Allein die Tatsache, dass in Innenräumen hohe Schimmelpilzsporenbelastungen nachgewiesen werden, stellt noch keine konkrete Gesundheitsgefährdung dar. Dies reicht jedenfalls für eine außerordentliche fristlose Kündigung nicht aus. Voraussetzung für eine fristlose Kündigung nach § 569 Abs. 1 BGB ist eine erhebliche Gefährdung Die Gefährdung entsteht durch ein räumliches und/oder zeitliches Zusammentreffen eines verletzungs- bzw. krankheitsbewirkenden Faktors einer Gefahrenquelle und beschreibt einen Zustand der Gesundheit – und diese darf nicht nur theoretisch vorliegen und durch allgemeine Ausführungen zu möglichen Gesundheitsgefahren in einem Gutachten beschrieben werden, sondern müssen kausal auf den spezifischen Fall nachgewiesen werden (vgl. z. B. KG Berlin, 8 U 124/02 ; AZ: 12 U 1493/00).

Fazit: der Mieter kann erst oder nur dann einen Anspruch auf Schmerzensgeld gerichtlich durchsetzen, wenn nicht nur die Gesundheitsgefahr erwiesen ist, sondern wenn tatsächlich Schimmelpilze nachweislich zu den Gesundheitsschäden geführt haben. Die Beweislast liegt in diesen Fällen bei den Mietern. Mit dem o. g. Ausschlussverfahren wäre der Nachweis auch tatsächlich möglich. Allerdings ist dieser sehr zeitaufwändig und kostenintensiv und vor allem an eine Vielzahl von Formalien gebunden, in der Realität kaum darstellbar.

Selbst wenn der Nachweis gelingen sollte, muss immer noch bedacht werden, dass der Bundesgerichtshof bisher noch keine Entscheidung zu einem Schmerzensgeld getroffen hat, wenn der kausale Zusammenhang zwischen einem vorliegenden Schimmelpilzbefall und konkreten Gesundheitsschäden nachgewiesen wurde. Der BGH hat allerdings schon Entscheidungen in Bezug auf eine außerordentliche Kündigung wegen Schimmelpilzbildung getroffen (vgl. BGH-Urteil vom 18. April 2007, VIII ZR 182/06).

In diesem „Umfeld“ bewegt sich der medizinische Sachverständige. Im Rahmen seiner medizinischen Expertise muss er mit anerkannten Methoden der Diagnostik den gesundheitlichen Zustand feststellen und bewerten. Diese „Theorie“ wird in der Praxis dadurch erschwert, dass

  • zur Gesundheitsgefährdung durch Schimmelpilze in privat genutzten Innenräumen bislang keine einheitlichen und anerkannten Bewertungsmaßstäbe wie z. B. Grenzwerte existieren,
  • die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Auswirkungen schimmelpilzbedingter Gesundheitsschäden überwiegend allgemeingültig sind, was die Zuordnung einer spezifischen Exposition zu einer spezifischen Erkrankung erschwert,
  • die Konzentration von Schimmelpilzbelastungen nicht konstant und homogen auftreten und durch eine Reihe individueller Einflussfaktoren von außen (Referenzprobe) wie z. B. jahreszeitlich und/oder witterungsbedingte Schwankungen sowie regionale Unterschiede geprägt sind,
  • mögliche Gesundheitsgefahren nicht nur durch Sporen Der Begriff Sporen ist aus dem Griechischen abgeleitet und bedeutet so viel wie das Säen, die Saat oder der Samen. und mikrobielle Partikel Feste oder flüssige Teilchen in schwebefähiger Verteilung in Flüssigkeiten oder Gasen. von Schimmelpilzen, sondern auch durch deren Stoffwechselprodukte ( Mykotoxine Von etwa 300 Schimmelpilzarten ist bekannt, dass sie Mykotoxine (Schimmelpilzgifte) bilden. Hierbei handelt es sich um für den Menschen zum , MVOC Abkürzung für microbial volatile organic compounds = mikrobielle flüchtige organische Verbindungen. Bei Auftreten von Schimmelpilzen infolge von Feuchtigkeitsschäden oder bei ) verursacht werden können. Und selbst diese treten nicht konstant und homogen auf, sondern werden durch ganz individuelle Situationen provoziert.
  • der individuelle Gesundheitszustand von Menschen (Prädisposition) wesentlichen Einfluss auf mikrobielle Belastungen nimmt und selbst dieser nicht konstant ist.

Dies bedeutet, dass der medizinische Sachverständige eine Begutachtung in einem nicht isolierten Innenraum Ein Innenraum im Kontext der Schimmelpilzanalyse und -sanierung sind Wohnungen mit Wohn-, Schlaf-, Kinder-, Arbeits-, Hobby-, Sport- und Kellerräume usw. mit dynamischen Einflüssen von außen und variablen Zuständen in Bezug auf den zu untersuchenden Menschen (z. B. Risikogruppen) und der Mischexposition durch Mikroorganismen (z. B. unterschiedliche Konzentrationen in Abhängigkeit von diversen Einflüssen) vorzunehmen hat und nur einen objektiv belegbaren und reproduzierbaren Befund als Grundlage seiner Bewertung heranziehen darf und sich hierbei nur auf gesicherte medizinische Erkenntnisse beschränken darf – um den Beweisregeln der Rechtsordnung zu genügen.

Diese „Quadratur des Kreises“ gelingt nur, wenn der medizinische Sachverständige neben einer überdurchschnittlich hohen Fachkompetenz und interdisziplinären Expertise bereits sehr viel Erfahrung auf dem Spezialgebiet mitbringt. Darüber hinaus sollte der medizinische Sachverständige über Grundkenntnisse des jeweiligen Rechtsgebietes verfügen und vor allem die wesentlichen Rechtsbegriffe beherrschen, damit es nicht zu Missverständnissen kommt. In Bezug auf ihre Grundsätze und Pflichten unterscheiden sich diese Sachverständige nicht von anderen. Auch der medizinische Sachverständige soll seine Leistung persönlich, gewissenhaft, unabhängig, weisungsfrei und unparteiisch erbringen und ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese formalen Anforderungen verursachen sehr häufig einen Rollen- und/oder Interessenkonflikt. Der medizinische Sachverständige muss unparteiisch sein und darf somit weder die Interessen des Probanden noch die des Auftraggebers berücksichtigen bzw. besonders hervorheben. Durch die kurative (heilende) Perspektive des Mediziners führt dies zu einem typischen Rollenkonflikt. Statt dem persönlichen Vertrauensverhältnis muss der Sachverständige den Probanden nun distanziert als „Fall“ bzw. „Objekt“ betrachten. Die meist gegenläufigen Interessenlagen führen fast immer zu einem Interessenkonflikt. Während der Patient normalerweise schnell genesen und seine Gesundheit uneingeschränkt wiedererlangen möchte, verändert sich diese Zielsetzung in einem Gutachterverfahren. Der Proband macht einen sachlichen oder finanziellen Anspruch gegenüber einem Dritten (z. B. Vermieter, Arbeitgeber, Versicherung) geltend und fokussiert sich somit auf den Krankheitszustand. An einer Stabilisierung oder Verbesserung des Gesundheitszustands ist der Proband nicht interessiert, da er seinen Anspruch nicht gefährden möchte. Aus einem „schnell gesund werden“ wird ein „krank bleiben“. Diese veränderte Konstellation muss der medizinische Sachverständige berücksichtigen.

Prinzipiell ist der Ablauf einer Begutachtung von der Rechtsgrundlage des Gutachtens abhängig. Weiterhin spielt eine Rolle, ob das Gutachten (Verlinkung in den Artikel) ausschließlich aufgrund der Aktenlage zu erstellen ist oder eine Anamnese Als Anamnese wird die professionelle Erfassung, Dokumentation und Sammlung von potenziell relevanten Informationen, Daten und Angaben zu einer Sache durch und körperliche Untersuchung eines Probanden notwendig wird. Die Untersuchung muss sich auf die Aspekte konzentrieren, die sich aus dem Sachverhalt ergeben oder im Gutachtenauftrag bzw. Beweisbeschluss bei gerichtlicher Beauftragung explizit genannt wurden. Der entscheidungsrelevante Teil des Gutachtens sind die Befunde. Im Rahmen der Befundung hat der Sachverständige nicht nur darzulegen, was er an positiven Befunden feststellen konnte, sondern auch, ob alle übrigen in Frage kommenden Aspekte (k)eine Relevanz haben. Diese sind auf Grundlage anerkannter und nachprüfbarer Methoden zu erheben. In die Würdigung der medizinischen Bewertung dürfen nur gesicherte Erkenntnisse einfließen. Das Gutachten unterliegt jedoch der freien Beweiswürdigung durch das Gericht. Der medizinische Sachverständige beeinflusst zwar den Prozessverlauf, darf allerdings dadurch nicht selbst zum Richter werden.

In Bezug auf das o. g. Beispiel bedeutet dies, dass der medizinische Sachverständige folgendes zu prüfen und zu bewerten hat, um eine kausale Beweiskette aufzubauen, wobei auf Aussagen in dem mikrobiologischen Gutachten zurückgegriffen werden soll:

  1. sind in den privat genutzten Innenräumen, die von dem Kind primär genutzt werden, gesundheitsgefährdende Schimmelpilze vorhanden? Ja / Nein
  2. handelt es sich bei diesen Schimmelpilzen um Gattungen/Arten, die Mykotoxine bilden? Ja / Nein
  3. treten diese Schimmelpilzarten in signifikanter Menge (Sporen und mikrobielle Partikel) auf, so dass von ihnen die im Streitfall vorgetragenen Gesundheitsbeschwerden hervorgerufen werden können? Ja / Nein
  4. sind diese Schimmelpilzarten in der Raumluft nachgewiesen worden, so dass sie durch Inhalation Einatmung von Medikamenten zur Behandlung oder auch von Narkosemitteln. Aber auch das unbeabsichtigte Einatmen von Giftgasen oder anderen Schadstoffen wird (Einatmen) in die Atemorgane gelangen können? Ja / Nein
  5. können die von den Schimmelpilzen produzierten Mykotoxine die im Streitfall vorgetragenen Gesundheitsbeschwerden verursachen? Ja / Nein
  6. liegen bereits seropositive Befunde vor, die eine entsprechende Auseinandersetzung des Immunsystems des Kindes mit den nachgewiesenen Schimmelpilzen bzw. deren Sporen oder Mykotoxinen belegen? Ja / Nein

Ideal wäre, wenn eine Untersuchung in dem spezifischen Umfeld des Probanden erfolgt, in dem die Beschwerden aufgetreten sind. In dem o. g. Beispiel ist dies kaum mehr möglich, da die Familie in der Zwischenzeit aus der Wohnung ausgezogen ist und das Kind in einem anderen Umfeld möglicherweise einer anderen Exposition ausgesetzt ist. Um eine zeitliche Korrelation (von lat. relatio = das Zusammentragen, Beziehung, Verhältnis) beschreibt die Wechselbeziehung funktioneller Art zwischen verschiedenen Organen bzw. Organteilen des Körpers. zwischen der Art und Konzentration des Schimmelpilzbefalls mit dem Auftreten spezifischer Gesundheitsbeschwerden „mehr oder weniger rechtssicher“ zu dokumentieren, müsste das Kind ggf. wieder in den Zustand des alten Umfelds versetzt werden. Dies bedeutet, dass man in einem gleichgroßen Raum die gleiche Schimmelpilzbelastung wieder herstellen und das Kind dieser aussetzen müsste, um den Verlauf detailliert zu dokumentieren. Ein Rückgang der Symptome Der Begriff Symptome ist in Bezug auf Schimmelpilze in Innenräumen mehrfach belegt. Zum einen geht es um die Symptome, die bei nachlassender Exposition (Auszug aus den belasteten Innenräumen) sollte ebenfalls dokumentiert werden.

Auch wenn die beschriebene Vorgehensweise noch eine geringfügige Angriffsfläche für den gegnerischen Anwalt bietet: wenn eine plausible Beweiskette aus Anamnese, klinischer Symptomatik Klassische Allergiesymptome sind Entzündungen der Bindehaut (Konjunktivits), Heuschnupfen (allergische Rhinitis), Asthma, Hautausschläge, Ekzeme oder auch Erbrechen und Durchfall. Der anaphylaktische und einem anerkannten Nachweis von Allergien aufgebaut und diese in einen kausalen Zusammenhang gebracht wird, wird auch ein Gericht überwiegend von einer Ursächlichkeit der mikrobiellen Belastung für die aufgetretenen Gesundheitsbeschwerden ausgehen müssen. Aus diesem Grund empfiehlt sich, bereits in Vorbereitung auf die Klage die entscheidungswesentlichen Fakten durch ein Privatgutachten überprüfen zu lassen. Denn auch Privatgutachten sind vor Gericht als qualifizierter Parteivortrag zugelassen. Im Idealfall erstellen diese entweder Allergologen oder spezialisierte Umweltmediziner. Von Baubiologen ohne medizinische Ausbildung ist dagegen abzuraten.

Die Beauftragung eines medizinischen Sachverständigen verursacht noch einige andere Besonderheiten. Hierzu gehört z. B. die Parteiöffentlichkeit. Der Grundsatz, nachdem es den Parteien gemäß § 357 ZPO gestattet ist, bei der Beweisaufnahme anwesend sein zu dürfen, muss bei einer ärztlichen Untersuchung durch einen medizinischen Sachverständigen neu bewertet werden. Denn die Wahrung der Intimsphäre und der Persönlichkeitsrechte des Probanden sind höher einzustufen als das Recht der Parteiöffentlichkeit. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass der medizinische Sachverständige zur Wahrung seiner Aufgaben von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden wird. Erkenntnisse aus der gutachterlichen Untersuchung dürfen an das Gericht und den Parteien weitergegeben werden, sofern der Proband dies nicht ausdrücklich verweigert. In dem Fall muss das Gericht und die Parteien informiert werden. Des Weiteren muss der Datenschutz beachtet werden.