Schlagregenbeanspruchung

Eine Fassade unterliegt unterschiedlichen Feuchtebeanspruchungen. Diese können z. B. als taupunktbedingtes Kondenswasser, Tröpfchen förmiger Nebel oder in flüssiger Form als Regen auftreten. Aus der gleichzeitigen Einwirkung von Regen und Wind leitet sich die Schlagregenbeanspruchung ab. Nach einer Empfehlung des Deutschen Wetterdienstes können die jährlichen Niederschlagsmengen in Deutschland in drei Regionen eingeteilt werden. Aus dieser wurden in der DIN 4108 Teil 3 die folgenden Beanspruchungsgruppen abgeleitet (lokale Abweichungen sind möglich und müssen im Einzelfall berücksichtigt werden):

  • Beanspruchungsgruppe I: geringe Schlagregenbeanspruchung in Regionen mit einer Niederschlagsmenge < 600 mm pro Jahr und in besonders windgeschützten Lagen
  • Beanspruchungsgruppe II: mittlere Schlagregenbeanspruchung in Regionen mit einer Niederschlagsmenge von 600 bis 800 mm pro Jahr sowie windgeschützten Lagen in Regionen mit größeren Niederschlagsmengen und für Hochhäuser in exponierter Lage in Regionen mit wenig Niederschlag
  • Beanspruchungsgruppe III: starke Schlagregenbeanspruchung in Regionen mit einer Niederschlagsmenge > 800 mm pro Jahr sowie für windreiche Regionen auch mit geringeren Niederschlagsmengen und Hochhäuser in exponierter Lage in Regionen mit mittlerer Schlagregenbeanspruchung.

Die Zuordnung zu einer Beanspruchungsgruppe erfolgt allerdings nicht nur in Abhängigkeit der regionalen Jahresniederschlagsmenge, sondern auch von gebäudespezifischen Einflüssen wie z. B. der Gebäudehöhe (z. B. Hochhaus) und Windbelastung sowie der örtlichen Situation wie z. B. einer exponierten Lage (z. B. an der Küste oder auf dem Berg). Außerdem muss beachtet werden, dass Fassaden nicht permanent durch Feuchtigkeit beansprucht werden und gemäß der lokal vorherrschenden Hauptwindrichtung unterschiedlich stark dem Schlagregen ausgesetzt sind. Zudem steigt die Schlagregenbeanspruchung überproportional mit zunehmender Gebäudehöhe. So kann die Schlagregenbeanspruchung z. B. in 15 Meter Höhe bis zu 20-mal höher sein als in 2 Meter Höhe.

Eine Durchfeuchtung Der Begriff der Durchfeuchtung wird in Bezug auf Neu- und Altbauten sowie im Rahmen der Bauwerkserhaltung sehr vielfältig benutzt. Im und mögliche Schäden an der Fassade durch Schlagregen wird allerdings nicht nur über die Niederschlagsmenge oder gebäudespezifische Parameter bestimmt, sondern z. B. auch über den Zustand der Fassade wie z. B. die Anwesenheit von Rissen sowie über den vorhandenen Schlagregenschutz Aus der gleichzeitigen Einwirkung von Regen und Wind leitet sich die Schlagregenbeanspruchung von Fassaden ab. Das auf die Fassade auftreffende und das Feuchtemanagement der Gebäudehülle. Der Schlagregenschutz kann zum einen durch konstruktive Maßnahmen sichergestellt werden und zum anderen über wasserabweisende Beschichtungen erfolgen. Die DIN 4108 unterscheidet Beschichtungen nach ihrer jeweiligen Wasseraufnahme in:

  • wasserhemmend: Wasseraufnahmekoeffizient oder w-Wert ≤ 2 kg/(m²∙h0,5)
    Hinweis: es muss sichergestellt werden, dass die aufgenommene Wassermenge in der Feuchteperiode in den Trockenperioden wieder abgegeben werden kann
  • wasserabweisend: Wasseraufnahmekoeffizient oder w-Wert ≤ 0,5 kg/(m²∙h0,5)
    Hinweis: die wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd beträgt gleichzeitig ≤ 2 m sowie das Produkt dieser beiden Kenngrößen w • sd ≤ 0,2 kg/(m∙h0,5)
  • wasserdicht: Wasseraufnahmekoeffizient oder w-Wert ≤ 0,001 kg/(m²∙h0,5)
    Hinweis: die Wasseraufnahme ist in diesem Fall so gering, dass auf eine Begrenzung der wasserdampfdiffusionsäquivalenten Luftschichtdicke verzichtet werden kann. Kapillar nicht wasseraufnahmefähig sind Baustoffe, die entweder nicht kapillar porös oder die nicht benetzbar (keine Kapillarwirkung) sind.

Wasserabweisende Außenputze sind z. B. für die Beanspruchungsgruppe III geeignet. Dennoch geht es beim modernen Fassadenschutz nicht nur um eine hohe Wasserabweisung, sondern auch um andere Anforderungen wie z. B. die Vermeidung von mikrobiellem Befall Unter Befall wird die Besiedlung durch Schadorganismen (Mikroorganismen, Insekten oder Holzschädlinge) und die nachfolgende Einwirkung der Organismen auf das Holz, durch Algen Algen stellen keine systematische Bezeichnung dar und sind pflanzenartige Lebewesen, die aber nicht den Pflanzen zugeordnet werden können. Sie umfassen und Pilze Pilze sind chlorophyllfreie Organismen mit heterotropher Ernährungsweise (Ernährung durch Aufnahme organischer Nahrung), die sich durch Sporen verbreiten und vermehren. Alle (sowie zunehmend Bakterien Der Begriff Bakterien (Bacteria) ist aus dem altgriechischem (bakterion = Stäbchen) abgeleitet und wird in der Mikrobiologie traditionell für alle ). Und hierfür wäre z. B. ein Wasserfilm, der sich auf der Oberfläche bildet, eher hinderlich. Infolgedessen streiten Experten seit Jahren, ob hydrophobe oder hydrophile oder hybride (hydroaktive) Schlussbeschichtungen besser geeignet wären, um mikrobiellen Befall zu vermeiden. Im Endeffekt geht es um das Zusammenspiel zwischen einem Mikroklima und einem Feuchtemanagement.

Moderne Fassadenbeschichtungen müssen eine Reihe von in sich widersprüchlichen Anforderungen erfüllen: sie sollen eine hohe Wasserabweisung besitzen und hoch elastisch sein (um mögliche Risse zu vermeiden), aber gleichzeitig hoch wasserdampfdiffusionsfähig. Sie sollen eine möglichst gute Untergrundhaftung auf allen Untergründen haben und gleichzeitig so wenig wie möglich organische Bestandteile aufweisen. Sie sollen möglichst biozidfrei und gleichzeitig gegen mikrobiellen Befall resistent sein. Allein diese drei Beispiele zeigen, dass es immer um die Summe der bauphysikalischen Eigenschaften geht, die über einen geeigneten Fassadenschutz entscheidet. Diese Erkenntnis ist auch nicht neu und wurde bereits Ende der 1960-er Jahre durch das Fraunhofer Institut für Bauphysik Die Bauphysik ist eine Anwendung der Physik und ihrer Gesetzmäßigkeiten auf Bauwerke und Bauwerksteile. Hauptgebiete der Bauphysik sind Wärmeschutz (Wärmeübertragung niedergeschrieben. Die viel beachtete Fassadenschutz-Theorie Ende der 1960-er Jahre wurde durch H. Künzel vom Institut für Bauphysik der Fraunhofer-Gesellschaft in Holzkirchen eine viel beachtete Theorie von Prof. Dr. H. Künzel basierte auf der Erkenntnis, dass ein wirksamer Feuchteschutz immer dann gegeben ist, wenn die Wasserabgabe einer Fassade wesentlich größer ist als deren Wasseraufnahme oder anders ausgedrückt, wenn die Fassade in den Trockenperioden die Feuchtigkeit wieder abgibt, die sie in der Regenperiode aufgenommen hat. Gleiches Prinzip gilt für die Tauperiode (Winter) und Verdunstungsperiode (Sommer). Die Grundformel hierfür lautet:

w • sd ≤ 0,1 kg/(m • h0,5)

und basiert auf den Randbedingungen einer Wasserdampfdiffusion Als Diffusion (lat. = ausbreiten) wird ein physikalischer Vorgang des Vermischens bzw. eine durch Konzentrationsunterschiede hervorgerufene, gegenseitige Durchdringung zweier oder (sd-Wert) ≤ 2 Meter und einer kapillaren Wasseraufnahme (w-Wert) ≤ 0,5 kg/(m² · h0,5). Fassadenbeschichtungen müssen daher immer als Ganzes bewertet werden. Putze oder Farben mit einer hohen Wasseraufnahme sind nicht automatisch „schlechter“, wenn sie gleichzeitig eine hohe Diffusionsfähigkeit besitzen – gleiches gilt auch umgekehrt: eine Fassadenbeschichtung mit einer hohen Wasserabweisung sind nicht automatisch gut, wenn sie gleichzeitig über ein eingeschränktes Wasserdampfdiffusionsverhalten verfügen. Deshalb muss neben dem w- und sd-Wert auch der µ-Wert betrachtet werden: der Wasserdampfdiffusionswiderstand. Dieser beschreibt den Widerstand von Materialien wie z. B. Farben oder Putze gegen die Wasserdampfdiffusion durch ein Bauteil. Mineralwolle z. B. hat einen μ-Wert von 1 und somit einen Wasserdampfdiffusionswiderstand, der vergleichbar mit Luft ist. Ursächlich ist die offene Struktur der Mineralwolle, die zu einem hohen Anteil aus Luft besteht und somit eine hohe Wasserdampfdiffusion aufweist. Ein Vergleich zwischen mineralischen Putzen (µ-Wert 10) und z. B. Kunstharzputzen (50) oder z. B. zwischen Silikatfarben (µ-Wert 30 bis 50) mit Dispersionsfarben (100 bis 150) zeigt, dass es innerhalb der vermeintlich gleichen Baustoffe relevante Unterschiede gibt.

Bei der Durchfeuchtung von Fassaden muss daher neben den Beanspruchungen durch Niederschläge wie z. B. Schlagregen immer auch das materialspezifische Feuchteverhalten der Baustoffoberflächen im Sinne von Untergründe (Substrate) berücksichtigt werden. Hierzu zählen vor allem das Absorptions- und Desorptionsvermögen, also die Eigenschaft von Baustoffen, anfallende Feuchtigkeit an der Oberfläche aufzunehmen, in den oberflächennahen Schichten zu speichern und innerhalb des Baustoffs zu verteilen sowie anschließend an der Oberfläche wieder abzugeben. Anders ausgedrückt: Baustoffe mit einer geringen Sorptionsfähigkeit können als „schimmelpilzbegünstigend“ eingestuft werden.