Neubaufeuchte

Mit der so genannten Neubaufeuchte ist die Feuchtigkeit gemeint, die während der Bauphase eines Neubaus anfällt und sich zum Zeitpunkt der Übergabe oder des Einzugs noch in dem Gebäude befindet. Hiermit ist neben einer erhöhten Luftfeuchtigkeit In der Umgebungsluft befinden sich stets mehr oder weniger große Mengen an Wasserdampf. Der Anteil an Wasserdampf kann örtlich und vor allem die Feuchtigkeit gemeint, die sich noch in den Baustoffen befindet. Der Begriff ist ein wenig irreführend, da Feuchtigkeit auch bei Sanierungen von Altbauten eingebracht wird. In beiden Fällen kann die Restfeuchtigkeit je nach Bauweise und Materialeinsatz erheblich sein. Bei einem typischen Neubau in Massivbauweise (Rohbau aus Mauerwerk, innen und außen verputzt) werden in der Regel zwischen 80 bis 100 Liter Wasser eingebracht – pro m²! Dies bedeutet, dass durch Baustoffe, die mit Wasser angerührt werden wie z. B. Mauermörtel, Estrich, Beton, Putzmörtel sowie Spachtelmassen oder Baustoffe, die im wässrigen Zustand geliefert werden wie z. B. Putze und Farben, zwischen 10.000 und 20.000 Liter Wasser in ein Einfamilienhaus eingebracht werden. Neben der Baustofffeuchte kommen ggf. noch Durchfeuchtungen in der Bauphase hinzu, wenn der Rohbau z. B. gegen Niederschläge in Form von Regen (Fassade) oder Spritzwasser (Sockel) nicht geschützt wurde.


Hinzu kommt, dass sich die Bauzeiten in den letzten 50 Jahren nahezu halbiert haben. Heute beginnen Baumaßnahmen häufig erst im Mai oder Juni und enden im September oder Oktober, manchmal erst im November. Da sich Bauherren in der Regel nicht leisten können, parallel noch in der alten Wohnung zu wohnen, werden die Neubauten so schnell wie möglich nach der Übergabe bezogen. Die komplette Restfeuchte, die zu diesem Zeitpunkt immer noch etwa die Hälfte der Gesamtfeuchte ausmacht, „sitzt“ in den Baustoffen. Durch intensives Querlüften in der Schlussphase der Ausbauphase oder durch den Einsatz von Technischen Bautrocknern wird der Eindruck suggeriert, dass die Oberflächen „trocken“ sind – der Schein trügt. Bezugsfertig ist eben nicht bezugsfähig.

Nicht ohne Grund galt früher einmal der Grundsatz, dass ein Rohbau über die trockenen Wintermonate leer stehen und mindestens einen Winter austrocknen muss. Bis ein Neubau komplett ausgetrocknet ist, vergehen in der Regel drei Heizperioden, also drei Winter.

Alte Baumeister hatten bzgl. dem Einzug in ein neues Haus einen besonderen Grundsatz: „Im ersten Jahr ziehen deine Feinde ein, im zweiten Jahr deine Freunde und erst im dritten Jahr zieht man selber ein.“

Sachverständige für Bauschäden Der Begriff des Bauschadens wird unterschiedlich definiert. So werden im 3. Bauschadensbericht der Bundesregierung darunter alle negativen Veränderungen der Bauteileigenschaften , Immobilienmakler und Verbraucherschützer sind sich einig, dass mindestens die Hälfte aller Bauschäden in einem Neubau auf eine zu hohe Restfeuchte in der Baukonstruktion zurück zu führen sind – die Dunkelziffer geht von 90% aus. Werden raumklimatische Untersuchungen in einem Neubau innerhalb von 2 Jahren nach dem Einzug vorgenommen, zeigt sich immer wieder, dass die Luftfeuchtigkeit nach dem Lüften relativ schnell wieder ansteigt. Werden parallel Feuchtemessungen auf den Bauteiloberflächen vorgenommen oder z. B. durch Bohrkerne der Feuchtegehalt im Wandquerschnitt ermittelt, stellt man fest, dass diese in der Regel das Doppelte bis Dreifache der „normalen“ Gleichgewichtsfeuchte Ausgleichsfeuchte, die sich im Baustoff unter den jeweiligen Klimabedingungen der Umgebung einstellt. Siehe Sorptionsfeuchte. aufweisen. Diese Restfeuchte kann nur durch Wasserdampfdiffusion Als Diffusion (lat. = ausbreiten) wird ein physikalischer Vorgang des Vermischens bzw. eine durch Konzentrationsunterschiede hervorgerufene, gegenseitige Durchdringung zweier oder entweichen, so dass der Trocknungsprozess ohnehin schon Monate dauert und durch raumklimatische Bedingungen wie z. B. nutzungsbedingte Feuchte, Lüftungs- und Heizverhalten sowie z. B. dem Diffusionsverhalten der Baustoffe zusätzlich beeinflusst wird. Eine besondere Situation ist in so genannten Feuchträumen wie z. B. Bäder oder Küchen gegeben. Neben der hohen Restfeuchte im Untergrund addiert sich eine hohe Luftfeuchte, die aus der Nutzung (Kochen in der Küche und Baden oder Duschen in Bädern) resultiert und eine Austrocknung zusätzlich verzögert. Zumal Feuchträume häufig mit Fliesen und keramische Beläge versehen sind und eine Austrocknung ohnehin nur oberhalb dieser Flächen stattfinden kann.

Außerdem hat sich die Bauweise grundlegend verändert. Um Energieverlusten vorzubeugen, muss die heutige Gebäudehülle luftdicht gebaut werden. Dies führt dazu, dass anfallende Feuchtigkeit nicht mehr wie früher über undichte Fenster oder sonstige Undichtigkeiten entweichen kann und somit eine gewisse Luftzirkulation nicht mehr stattfindet.

Dies soll eine kontrollierte Wohnungslüftung (gesteuerte Be- und Entlüftung) sicherstellen, die für Neubauten seit einigen Jahren lt. DIN 1946-6 Raumlufttechnik Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen an die Auslegung, Ausführung, Inbetriebnahme und Übergabe sowie Instandhaltung. Diese vorgeschrieben sind. Allerdings muss man beachten, dass gerade in der Anfangszeit diese Lüftung Lüftung in einem Gebäude ist unentbehrlich. Sie ist eine Grundanforderung an die Nutzbarkeit von Räumen und Gebäuden, die bei der nicht ausreicht und die hohe Restfeuchte nur durch eine zusätzliche manuelle Lüftung abgeführt werden kann. Im Idealfall sollte dieses Stoß- oder Querlüften mindestens 15 bis 20 Minuten dauern und 3- bis 4-mal täglich wiederholt werden. Völlig falsch wäre eine Fensterlüftung in Kippstellung Die Kippstellung (von Fenstern) hat im Zusammenhang mit Schimmelpilzen eine besondere Bedeutung. Bei der auch als Spaltlüftung bezeichneten Lüftungsart wird oder eine Lüftung bei hoher Luftfeuchtigkeit wie z. B. nach einem Starkregen oder bei schwül-heißem Wetter. Letzteres verursacht nur eine Sommerkondensation und verschärft somit das Feuchteproblem in Gebäuden.

Eine hohe Restfeuchte in Neubauten (synonym auch für sanierte Altbauten) ist allerdings nicht nur ein Feuchteproblem. Denn feuchte Baustoffe haben eine höhere Wärmeleitfähigkeit als trockene Baustoffe und somit eine schlechtere Wärmedämmung Wärmedämmung ist der Oberbegriff für bautechnische Maßnahmen an Gebäuden und die effizienteste Maßnahme zur Einsparung von Heiz- und Kühlenergie sowie . Dies kann zu höheren Heizkosten führen oder die Bildung von taupunktbedingtem Kondenswasser fördern. Außerdem sind feuchte Baustoffe immer eine mögliche Ursache für Bauschäden. Wenn feuchte Wohnungen durch Technische Bautrockner Umgangssprachlich weit verbreiteter Begriff für einen Luftentfeuchter in meist robuster Bauweise, der vorwiegend bei der Wasserschadenbeseitigung oder Sanierung eingesetzt wird. zu schnell und zu stark „künstlich“ getrocknet werden, können in Putzen und Estrichen so genannte Trocknungsrisse entstehen. Diese Schwind- oder Schrumpfrisse entstehen durch zu schnellen Wasserentzug.

die hohe Restfeuchte aus Innenputz und Estrich schlägt sich an den Wandoberflächen nieder

Eine hohe Restfeuchte in Neubauten (synonym auch für sanierte Altbauten) hat auch negative Auswirkungen auf die Möblierung. Daher sollten Einbauschränke und große Möbelstücke sowie Betten oder sonstige Flächen in den ersten 1 bis 2 Jahren nicht direkt an Wände gestellt werden. Was ansonsten eher für die Innenseiten von Außenwänden gilt, um eine taupunktbedingte Kondensation Von lateinisch condensare = verdichten. Kondensation ist in der physikalischen Chemie der Übergang eines Stoffes vom gasförmigen in den flüssigen zu vermeiden, gilt bei einer hohen Restfeuchte für alle Innenwände. Schließlich befindet sich in allen Bauteilen Restfeuchte, soweit sie aus Baustoffen bestehen, in denen sich Wasser befunden hat. Für Leichtbauweise z. B. im Trockenbau gilt dies genauso wenig wie für ein Fertighaus, bei dem viele vorgefertigte Bauteile eingesetzt werden, die industriell vorproduziert wurden und weitestgehend ausgetrocknet sind, bevor diese montiert werden.

Eine hohe Restfeuchte in Baustoffen hat übrigens nicht nur nach dem Einzug eine hohe Bedeutung, sondern auch schon während der Bauphase. Denn im Prinzip gelten die gleichen Gesetzmäßigkeiten auch schon, wenn Baustoffe mit anderen Baustoffen kombiniert werden – wie z. B. das Verlegen von Fliesen und keramischen Belägen auf Estrichen. Erst, wenn der richtige Trocknungsgrad des Estrichs erreicht ist, darf der dampfdiffusionssperrende Bodenbelag verlegt werden. Der Fachmann spricht von der so genannten „Belegreife“. Auskunft über den Feuchtegehalt liefert z. B. eine so genannte CM-Messung. Ähnliches gilt z. B. für Kunstharzputze auf mineralischen Unterputzen.

Eine hohe Restfeuchte in Baustoffen ist nicht nur ein bauphysikalisches Problem, sondern kann auch ein juristisches Nachspiel haben – sowohl zwischen Bauherren und Baufirma (Eigentum) als auch zwischen Mieter und Vermieter (Mietobjekt). Dabei gibt es Möglichkeiten für Bauherren und auch Mieter, sich gegen eine hohe Restfeuchte und somit dem Risiko von höheren Nebenkosten, möglichen Bauschäden oder einer evtl. Schimmelpilzbildung rechtlich abzusichern.

Bei Bauherren ist dies in erster Linie die Bauabnahme. Die juristische und somit ggf. auch finanzielle Bedeutung dieses Termins wird bei vielen Bauherren noch unterschätzt, da bei der Übergabe der eigenen vier Wände oftmals der Fokus eher darauf gelegt wird, ob die Baufirma alles so umgesetzt hat, wie dies besprochen und geplant war. Dabei ist die Bauabnahme neben der Unterschrift des Bauvertrags eine der entscheidenden Rechtshandlungen mit weitreichenden Konsequenzen. Mit der Bauabnahme nimmt der Bauherr das Objekt mängelfrei bzw. vertragsgerecht ab. Nach der offiziellen Abnahme Die Abnahme ist eine Rechtshandlung, bei der der Gläubiger (Auftraggeber) eine vereinbarte Leistung vom Schuldner (Auftragnehmer) entgegennimmt. Hierbei kann es kehrt sich die Beweislast um und der Erfüllungsanspruch ist erloschen. Bauherren sollten sich deshalb einen Bausachverständigen hinzuziehen, um zu verhindern, dass sie bei diesem elementaren Termin evtl. versteckte Mängel übersehen. Sämtliche Mängel werden in einem Abnahmeprotokoll festgehalten. Damit der Beseitigungsanspruch bestehen bleibt, melden Bauherren ihren Vorbehalt an. Außerdem dürfen sie bei festgestellten Mängeln von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen und einen Teil der fälligen Restzahlung für das Gebäude einbehalten.

Auch bei Mietern ist es seit Jahren übliche Praxis, dass diese bei Erstbezug die Wohnung „trocken wohnen“ müssen, also durch überdurchschnittlich häufiges Lüften und Heizen die Restfeuchte aus der Bausubstanz „vertreiben“. Die Rechtsprechung sieht darin überwiegend einen erheblichen Mietmangel und hält eine Mietminderung Gemäß § 535 BGB ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache in einem ordnungsgemäßen und fehlerfreien Zustand zu halten. Bei Abweichung von 20% bis 50% für angemessen. Denn für die Gerichte gibt es keine Rechtsgrundlage, wonach der Mieter verpflichtet sei, Neubaufeuchte durch überobligatorisches Heizen und Lüften auszugleichen (u. a. LG Nürnberg-Fürth, WuM 1988, 155, LG Wuppertal, Urteil vom 11.10.2002, Az. 10 S 22/02). Das LG Köln hielt eine Mietminderung von bis zu 75% bei Erstbezug mit hoher Restfeuchte für gerechtfertigt (Urteil vom 15. November 2000, Az. 9 S 25/00, WuM 2001, 604-605). Anders verhält es sich, wenn Vermieter und Mieter vor Beginn des Mietverhältnisses eine Vereinbarung treffen, in der sich der Mieter verpflichtet, die Restfeuchte durch verstärktes Lüften und Heizen auszutrocknen. Nach Auffassung der Gerichte ist es nicht ausreichend, wenn der Vermieter lediglich darauf hinweist, dass eine gewisse Restfeuchte aus der Bauphase noch vorhanden sei.