Allgemein wird angenommen, dass für Schimmelpilzbefall in Innenräumen im Wesentlichen nur zwei Ursachen in Frage kommen: entweder das Lüftungsverhalten des Bewohners oder bauliche Mängel. Dabei spielt neben dem richtigen Lüften auch das richtige Heizen eine wichtige Rolle. Bauliche Mängel zeigen sich nicht nur durch sichtbare Undichtigkeiten und/oder Wärmebrücken, sondern auch durch eine unzureichende Wärmedämmung. Diese kann im Zusammenhang mit dem Wohnverhalten eine weitere Ursache für Schimmelpilzbefall darstellen, vor allem, wenn es sich um eine falsche Möblierung handelt.
Bei der Einrichtung von Innenräumen denkt eigentlich Niemand daran, Möbelstücke und Einrichtungsgegenstände bauphysikalisch korrekt aufzustellen. Platzangebot und Geschmack dominieren die Innenraumgestaltung, gefolgt von einer Kombination aus Funktionalität und Behaglichkeit Das Innenraumklima wird wesentlich durch das Behaglichkeitsempfinden definiert. Die Wahrnehmung und Bewertung der Raumluft aus bauphysikalischer Sicht ist deshalb deutlich . Insbesondere an den Innenseiten der nicht gedämmten Außenwände in unsanierten Altbauten kann dies Schimmelpilzbefall verursachen. Dieser kann durch große Möbelstücke, Einbau- oder größere Hängeschränke, große Bücherregale, große Bilder, Stirnseiten (Kopfteile) von Betten und selbst durch schwere Vorhänge verursacht werden. Die Erklärung hierfür ist komplex und zugleich einfach: an kalten Oberflächen schlägt sich taupunktbedingtes Kondenswasser nieder. Die kalten Oberflächen werden primär durch eine unzureichende Wärmedämmung Wärmedämmung ist der Oberbegriff für bautechnische Maßnahmen an Gebäuden und die effizienteste Maßnahme zur Einsparung von Heiz- und Kühlenergie sowie der Außenwände verursacht, aber in ihrer Wirkung noch verstärkt durch die unzureichende Be- und Entlüftung der Oberflächen durch die Möblierung, die gleichzeitig auch noch verhindert, dass warme Luft die Oberflächen erwärmen kann. Konkret wird die freie Luftströmung Neben der Material- und Luftfeuchtigkeit sowie der Material- und Lufttemperatur gehören übermäßige Luftbewegungen zu den Faktoren, mit denen die Behaglichkeit ( Konvektion Die Konvektion ist eine Form der Wärmeübertragung, bei der Wärmeenergie zwischen einem gasförmigen oder flüssigen Medium und einem festen Stoff ) behindert, so dass ein erhöhter Wärmeübergangswiderstand erzeugt wird. Kurzum: die Möblierung wirkt wie eine Barriere gegen Luftzirkulation und Oberflächenerwärmung. Diese günstigen Wachstumsbedingungen für mikrobiellen Befall Unter Befall wird die Besiedlung durch Schadorganismen (Mikroorganismen, Insekten oder Holzschädlinge) und die nachfolgende Einwirkung der Organismen auf das Holz, werden durch Staubablagerungen, wie sie häufig hinter dieser Möblierung anzutreffen sind, zusätzlich begünstigt.
Allgemein gilt, dass basierend auf einer Annahme von 20 °C Raumtemperatur und 50% relative Luftfeuchte die Oberflächentemperatur Entgegen der allgemeinen Auffassung beschreibt die Oberflächentemperatur nicht den Temperaturbereich auf einer Baustoff- oder Bauteiloberfläche. Vielmehr ist der Grenzbereich zwischen an der Innenseite von Außenwänden an keiner Stelle unter 12,6 °C sinken soll, um Schimmelpilzbefall und -wachstum zu vermeiden. Diese allgemeingültige Aussage aus den Regelwerken wie z. B. der DIN 4108-2 „ Wärmeschutz Der Wärmeschutz kann nach DIN 4108 in drei Teilbereiche untergliedert werden: Wärmeschutz und Energieeinsparung umfassen alle Maßnahmen zur Reduzierung der und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz“ gilt in erster Linie für die Berechnung von taupunktbedingtem Kondenswasser an Wärmebrücken. Sobald sich die Raumtemperatur und/oder Relative Luftfeuchtigkeit Als relative Luftfeuchtigkeit wird das Verhältnis des vorhandenen Feuchtegehaltes der Luft zur möglichen Sättigungsfeuchte der Luft bei gleichem Druck und verändert, verschiebt sich auch der Taupunkt Der Taupunkt bezeichnet die Temperatur, bei der die Feuchtigkeit in der Luft an einem Gegenstand kondensiert. Er wird in °C . Je kälter die Oberflächentemperatur im Verhältnis zur Raumtemperatur ist, umso höher ist die Wasseraktivität (oder aw-Wert Der aw-Wert beschreibt die Wasseraktivität auf der Bauteiloberfläche. Es ist ein Maß für das “freie Wasser”, also der Anteil der , eine Kenngröße für das Wachstum von Schimmelpilze Pilze sind weit verbreitete Organismen auf der Erde und besiedeln unterschiedlichste Substrate, auf oder in denen sie auf Grund ihrer ). Die Möblierung wirkt hierbei im doppelten Sinn negativ: sie verhindert eine ausreichende Luftzirkulation zwischen Innenseite der Außenwand und Rückwand der Möblierung und verhindert zudem, dass die warme Raumluft, die bekanntlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen und speichern kann, bis zur Kältezone vordringen kann. Durch diese Barriere wird die Wärmeübertragung Als Wärmeübertragung wird der Transport von thermischer Energie (Wärme) infolge eines Temperaturunterschiedes innerhalb von Festkörpern durch Wärmeleitung, zwischen Festkörpern und durch Konvektion und Strahlung behindert und Wärmeübergangswiderstände erhöht. Durch die Kombination beider Effekte wird die relative Luftfeuchte zusätzlich erhöht. Dies zeigt außerdem, dass das Problem selbst durch ein regelmäßiges und intensives Lüften und/oder ausreichendes Heizen nicht verhindert werden kann. In dem Zusammenhang soll auf drei Aspekte hingewiesen werden, die bei Schimmelpilzbefall durch falsche Möblierung oft nicht gesehen werden:
- der bauphysikalische Effekt, der sich an der vertikalen Oberfläche an den Innenseiten nicht gedämmter Außenwände zeigt, wirkt auch an der horizontalen Oberfläche nicht gedämmter Fußböden. Taupunktbedingtes Kondenswasser kann infolgedessen auch bei Betten mit einem darunterliegenden Bettkasten auftreten, wenn diese z. B. im Erdgeschoss auf einer nicht gedämmten Kellerdecke stehen.
- Falsche Möblierung kann auch Schimmelpilzbefall verursachen, wenn die Ursache in einer zu hohen Restfeuchte von Baustoffen (in Neubauten oder nach umfangreichen Sanierungen) liegt und eine ausreichende Luftzirkulation und Erwärmung der Oberflächen behindert wird.
- Schimmelpilzbefall wird nicht nur durch falsche Möblierung verursacht, sondern findet auch auf großen Möbel- und Einrichtungsgegenständen statt. Holz und holzhaltige Untergründe stellen für Schimmelpilze einen idealen Untergrund ( Substrat Für das Wachstum von Mikroorganismen geeigneter Nährboden oder ggf. auch Oberflächen bzw. Untergründe. ) dar.
Abschließend soll darauf hingewiesen werden, dass die Möblierung an der Innenseite von Außenwänden nur dann ein bauphysikalisches Problem darstellen kann, wenn diese nicht wärmegedämmt sind. Bei einer ausreichenden Wärmedämmung der Gebäudehülle mit einer Dämmstoffdicke von 10 cm (oder mehr) und/oder einem U-Wert von 0,35 W/m² K (oder besser) stellt eine Möblierung an den Innenseiten der Außenwände (bei ausreichendem Lüften und Heizen) in der Regel kein Problem dar.
Müssen große Möbelstücke und Einrichtungsgegenstände dennoch an der Innenseite nicht gedämmter Außenwände platziert werden, müssen entsprechende Abstände eingehalten werden. Früher galt hierfür mal die Aussage, dass die Dicke einer Scheuerleiste ausreicht. Heute geht man davon aus, dass der Abstand mindestens 10 cm betragen sollte. Aber Vorsicht: mehrere Gerichte haben bereits entschieden, dass Mieter das Recht haben, ihre Möbel grundsätzlich an jedem beliebigen Platz in der Wohnung aufzustellen und nicht gezwungen werden können, auf bezahlten Wohnraum zu verzichten. So lange im Mietvertrag die Nutzung dieses Wohnraums (auch wenn es sich nur um einen Streifen von 10 cm Breite handelt) nicht ausdrücklich ausgenommen ist und der Mieter für diesen Bereich Miete entrichtet, gehört auch dieser Wohnraum zur Gebrauchstauglichkeit der Mietsache, so dass die Möblierung in dem Bereich nicht untersagt werden kann. Erst recht ist es für Mieter unzumutbar, an bestimmte Wände keine Möbelstücke aufstellen zu dürfen. In dem Fall liegt ein Mangel der Mietsache vor (LG Berlin 1986, LG Hamburg 1987, LG Köln 2000, LG Lübeck, LG Aachen 2015). Nach Ansicht einschlägiger Gerichtsurteile kann von einem Mieter derartige Kenntnisse bauphysikalischer Zusammenhänge nicht erwartet werden, so dass dieser nicht in der Lage ist einzuschätzen, welcher Abstand der Möblierung einen Schimmelpilzbefall verursacht oder eben verhindert. Weiterhin sehen die Richter in der falschen Möblierung kein Verschulden oder eine Pflichtverletzung, die dem Mieter vorgeworfen werden kann, anders als dies z. B. beim unzureichendem Lüften und/oder Heizen der Fall wäre.