Das Be- und Entlüften von Innenräumen ist ein Paradebeispiel dafür, wie kompliziert Bauen und Wohnen in der Gegenwart geworden ist. Früher hat man bei hoher Luftfeuchtigkeit In der Umgebungsluft befinden sich stets mehr oder weniger große Mengen an Wasserdampf. Der Anteil an Wasserdampf kann örtlich und oder unangenehmen Gerüchen die Fenster geöffnet und verbrauchte Luft aus Innenräumen durch frische Außenluft ersetzt. Durch eine veränderte Bauweise, einem veränderten Wohn-, Nutzungs- und Lüftungsverhalten, einer höheren Sensibilisierung Leitet der Körper bei einem Erstkontakt mit einem Stoff eine falsche, weil unnötige, Abwehrmaßnahme ein, spricht man von Sensibilisierung. Der gegenüber Schadstoffen, höheren Hygienestandards, unterschiedlichen Lüftungsmethoden u.v.m. hat sich das Thema Lüften zu einer wahren „Wissenschaft“ entwickelt. Heute geben Raumvolumen und Belegungsdichte von Innenräumen vor, wie oft und wie lange gelüftet werden muss. Gleiches gilt für die Nutzung und Aktivität in unterschiedlichen Innenräumen. Mikrobielle Belastungen durch Schimmelpilze (und Bakterien) sind genauso in den Fokus gerückt wie Schadstoffe Schadstoffe sind definiert als chemische Elemente oder Verbindungen mit nachgewiesener oder vermuteter schädigenden Wirkung auf Mensch und Umwelt (Tier, Pflanze . Einer der Gründe hierfür ist die Zunahme von allergischen Reaktionen, reizenden und/oder toxischen Wirkungen sowie unspezifischen Gesundheitsbeschwerden, die mit der Qualität der Innenraumluft in Verbindung gebracht werden. Infolgedessen hat in den vergangenen Jahren eine differenzierte Wahrnehmung über Risikogruppen stattgefunden. Die Pandemie Siehe Epidemie. und mediale Auseinandersetzung mit dem Corona-Virus (COVID-19) hat zu einer zusätzlichen Sensibilisierung beim Thema Luftqualität in Innenräumen beigetragen.
Heute unterscheidet man zwischen einer gesundheitlich (oder auch medizinisch oder hygienisch) notwendigen Lüftung Lüftung in einem Gebäude ist unentbehrlich. Sie ist eine Grundanforderung an die Nutzbarkeit von Räumen und Gebäuden, die bei der sowie einem bauphysikalisch notwendigen Mindestluftwechsel, mit dem nutzungsbedingte Feuchtigkeit oder nutzungsunabhängige Feuchtigkeit zur Vermeidung von Bauschäden Der Begriff des Bauschadens wird unterschiedlich definiert. So werden im 3. Bauschadensbericht der Bundesregierung darunter alle negativen Veränderungen der Bauteileigenschaften abgeführt wird. Über die Mindestanforderungen an die Lüftung gibt es mittlerweile eine Reihe von Regelwerken. Eine der wesentlichen Forderungen in diesen ist, dass eine ausreichende Be- und Entlüftung auch nutzerunabhängig sichergestellt werden muss. Technisch gelöst wird dies über kontrollierte Lüftungssysteme oder raumlufttechnische Anlagen. Dennoch stellt die klassische Fensterlüftung immer noch die mit Abstand häufigste Lüftungsart dar. Der größte Nachteil besteht darin, dass die manuelle Be- und Entlüftung auf das aktive Einwirken der Raumnutzer angewiesen und somit subjektiven Einflüssen ausgesetzt ist – allerdings auch die unterschiedlichen Feuchtegehalte in den verschiedenen Innenräumen berücksichtigen muss.
Unterschieden wird zwischen der normalen Wasserdampfproduktion und temporären Feuchtigkeitsspitzen. Unter „normal“ wird die Feuchtigkeit verstanden, die der Mensch durch Ausatmen und Schwitzen produziert und die bei durchschnittlicher Nutzung der Innenräume entsteht (z. B. Pflanzen). Je nach Aktivität produziert der Mensch zwischen 25 bis 30 Gramm Wasserdampf Als Wasserdampf wird das in der Erdatmosphäre im gasförmigen Aggregatzustand enthaltene nicht sichtbare Wasser bezeichnet. In die Luft gelangt Wasserdampf pro Stunde bei ruhender Tätigkeit, ca. 50 g/h bei leichter Tätigkeit und bis zu 150 g/h bei schwerer Tätigkeit. Somit wird die produzierte Menge an Wasserdampf in Innenräumen nicht nur durch die Anzahl der Personen, sondern auch deren Aufenthaltsdauer und Aktivität beeinflusst. Diese individuelle Wasserdampfproduktion muss durch individuelles Lüften abgeführt werden.
Hinzu kommt, dass die Wasserdampfproduktion nicht gleichmäßig über den Tag verteilt stattfindet – weder zeitlich noch räumlich. Duschen findet z. B. in der Regel morgens und abends statt, Baden dagegen eher abends oder am Wochenende und seltener als Duschen. Morgens kumuliert sich die Wasserdampfproduktion auf 60 bis 90 Minuten, während diese abends auf einen längeren Zeitraum verteilt wird. Gleichzeitig steht morgens in der Regel zum Lüften weniger Zeit zur Verfügung als in den Abendstunden. Diese Differenzierung ist wichtig, da in den theoretischen und gut gemeinten Lüftungsratschlägen oftmals vergessen wird, dass die meisten Menschen berufsbedingt tagsüber abwesend sind und sich das Lüften bei herkömmlicher Fensterlüftung auf die Morgen- und Abendstunden beschränken muss.
Die höchste Wasserdampfproduktion in kurzer Zeit findet beim Baden oder Duschen in Bädern statt und somit in kleineren Räumen. Infolgedessen wird die Sättigungsfeuchte im Verhältnis zum Raumvolumen viel schneller erreicht als z. B. in Küchen, die zunehmend in offener Bauweise konstruiert sind, so dass sich produzierter Wasserdampf z. B. beim Kochen viel schneller in andere Innenräume verteilen kann, oder in Wohn- und Kinderzimmer, in denen deutlich weniger Wasserdampf über einen deutlich längeren Zeitraum anfällt. Daher muss das individuelle Lüftungsverhalten auf die Raumgröße und dadurch bedingte Sättigungsfeuchte abgestimmt werden.
Neben unzureichendem Lüften muss falsches Lüften genannt werden. Der „Klassiker“ ist die Kippstellung Die Kippstellung (von Fenstern) hat im Zusammenhang mit Schimmelpilzen eine besondere Bedeutung. Bei der auch als Spaltlüftung bezeichneten Lüftungsart wird der Fenster über einen längeren Zeitraum, bei dem die Feuchtigkeit langsam aus dem Innenraum Ein Innenraum im Kontext der Schimmelpilzanalyse und -sanierung sind Wohnungen mit Wohn-, Schlaf-, Kinder-, Arbeits-, Hobby-, Sport- und Kellerräume usw. abgeführt und konstruktionsbedingt an den Fensterlaibungen vorbeigeführt wird. Gleichzeitig kühlen die Fensterlaibungen, zumindest an den kühlen Wintertagen ab, so dass die Gefahr Die Beurteilung möglicher Gefahren beantwortet die Frage, ob ein Stoff für Mensch oder Umwelt gefährliche Eigenschaften aufweist. Die Klassifizierung gefährlicher von taupunktbedingtem Kondenswasser besteht. Feucht-warme Raumluft kondensiert an den kühlen Fensterlaibungen und schafft somit die Voraussetzungen für Schimmelpilzbefall und -wachstum.
Die Kippstellung bei der Fensterlüftung ist im Übrigen auch ursächlich für die dunklen Verfärbungen, die man an Fassaden oft oberhalb von Fenstern beobachten kann. Der bauphysikalische Effekt ist der Gleiche wie bei den innenliegenden Fensterlaibungen und wird bei wärmegedämmten Fassaden z. B. mit Wärmedämm-Verbundsystemen umso mehr verstärkt. Die Oberfläche der Fassade ist an kühlen Tagen kalt. Durch die Kippstellung entweicht über einen längeren Zeitraum feucht-warme Raumluft und strömt konstruktionsbedingt langsam an der Oberkante des Fensters vorbei. Hierbei entsteht taupunktbedingtes Kondenswasser. Infolgedessen kommt es zu einem mikrobiellen Befall Unter Befall wird die Besiedlung durch Schadorganismen (Mikroorganismen, Insekten oder Holzschädlinge) und die nachfolgende Einwirkung der Organismen auf das Holz, durch Algen, Schimmelpilze Pilze sind weit verbreitete Organismen auf der Erde und besiedeln unterschiedlichste Substrate, auf oder in denen sie auf Grund ihrer und Bakterien Der Begriff Bakterien (Bacteria) ist aus dem altgriechischem (bakterion = Stäbchen) abgeleitet und wird in der Mikrobiologie traditionell für alle . Besonders häufig kann dieser Effekt beobachtet werden, wenn Fenster in Küchen und Bäder angekippt werden. Anders als bei anderen Innenräumen entweicht nach dem Kochen oder Duschen/Baden besonders viel feucht-warme Luft und anders als beim Stoßlüften entweicht die feucht-warme Luft langsam und über einen längeren Zeitraum – die perfekten Bedingungen für Kondensation Von lateinisch condensare = verdichten. Kondensation ist in der physikalischen Chemie der Übergang eines Stoffes vom gasförmigen in den flüssigen und Tauwasserausfall.
Kippstellung bei der Fensterlüftung ist auch Ursache für die Sommerkondensation in Kellerräumen sowie unter bestimmten Voraussetzungen in Souterrainräumen. Diese Innenräume sind im Sommer im Vergleich zur Außenluft kühl. Sobald feucht-warme Außenluft über die Kellerfenster in die Innenräume strömt, kommt es auf der Wandoberfläche zu taupunktbedingtem Kondenswasser. Die für die Schimmelpilzbildung notwendige relative Luftfeuchte von ca. 70% wird unter diesen Umständen immer (!) erreicht – und überschritten. Um Sommerkondensation Eine Kondensatbildung an Außenbauteilen unter „normalen“ Bedingungen, d. h. unter der Taupunkttemperatur der Raumluft liegende niedrige Innenoberflächentemperaturen z. B. bei zu vermeiden, müssten Kellerräume theoretisch auch im Sommer ein wenig beheizt werden. Diese Idee ist allerdings nicht zu vermitteln. Deshalb sollten Kellerräume nur in den kühlen Nacht- oder Morgenstunden gelüftet werden und im Idealfall als Stoß- oder Querlüftung Auch als Windlüftung bezeichnete Form der freien Lüftung infolge des Differenzdrucks als maßgebliche Antriebskraft, der durch Winddruck auf die Gebäudeaußenflächen . Kann die hohe Luftfeuchtigkeit so nicht reduziert werden, hilft ggf. der Einsatz eines Luftentfeuchters oder temporär ein Kondenstrockner. Ein Ventilator bringt in dem Fall nichts, da die hohe Luftfeuchtigkeit nur verteilt, aber nicht reduziert, wird. Auf keinen Fall sollte in diesem Zeitraum auch noch Wäsche in den Kellerräumen getrocknet werden.
Ein weiterer Klassiker ist das Mitlüften anderer Innenräume. Besonders häufig kommt es zu dieser Situation in innenliegenden Bädern ohne Fenster, in denen durch Baden oder Duschen viel Wasserdampf produziert wird. Durch die fehlende Fensterlüftung und einer oftmals unterdimensionierten Zwangsentlüftung wird die hohe Luftfeuchtigkeit über die benachbarten Innenräume mit entlüftet. Was an warmen Sommertagen oder normalen Tagestemperaturen im Frühjahr oder Herbst in den meisten Fällen ohne Konsequenzen bleibt, führt an kühlen Wintertagen oft zu Problemen. Denn, häufig befindet sich in der Nähe des Badezimmers das Schlafzimmer. Aufgrund der in der Regel kühleren Raumtemperaturen findet relativ schnell ein Feuchtigkeitsaustausch statt. Allerdings führt die kühlere Raumtemperatur auch dazu, dass die Oberflächentemperatur Entgegen der allgemeinen Auffassung beschreibt die Oberflächentemperatur nicht den Temperaturbereich auf einer Baustoff- oder Bauteiloberfläche. Vielmehr ist der Grenzbereich zwischen geringer ist, so dass die feucht-warme Innenluft an den kühlsten Stellen kondensiert. In der Regel handelt es sich um die Wärmebrücken wie z. B. Innenecken von Außenwänden, Heizkörpernischen (vor allem, wenn die Heizung gedrosselt oder ausgestellt wurde), Fensterlaibungen oder auch Rollladenkästen. An diesen neuralgischen Punkten kommt es zu taupunktbedingter Kondensation und in der weiteren Folge zu Schimmelpilzbefall und -wachstum.
Bei der Be- und Entlüftung von Innenräumen müssen die klimatischen Bedingungen in der Außenluft beachtet werden, da es je nach Jahreszeit und/oder Witterung (z. B. Regen, Nebel) starke Unterschiede in der Temperatur Die Temperatur (lat. temperare = ins richtige Mischungsverhältnis bringen) ist ein messbares Maß für den Wärmeinhalt eines Stoffes. Die Temperatur und/oder Luftfeuchtigkeit geben kann. Bei kühler und trockener Außenluft findet innerhalb von wenigen Minuten ein Luftaustausch in Innenräumen statt. Die kühle, trockene Außenluft strömt in den Innenraum, erwärmt sich und nimmt hierbei Wasserdampf auf, speichert diesen und führt diesen wieder an die Außenluft ab. Man kann dies gut beobachten, wenn man im Winter nach dem Baden/Duschen das Fenster öffnet und die feucht-warme „Dunstwolke“ nach außen abzieht. Beim Vorbeiströmen an der kalten Außenseite der Fensteroberfläche „beschlägt“ zudem das Fensterglas. Genau dieser Effekt tritt im Sommer nicht ein. Die Temperatur und/oder Luftfeuchtigkeit der Außenluft entspricht in etwa der in den Innenräumen oder liegt ggf. darüber. Ein „Entfeuchtungseffekt“ der Raumluft durch die Außenluft findet nicht statt oder dauert deutlich länger. Während in den kalten Wintertagen ein Luftaustausch im Durchschnitt nur 4 bis 5 Minuten braucht, kann hierfür an warmen Sommertagen eine halbe Stunde notwendig sein. Diese generelle Aussage ist von mehreren Einflussfaktoren abhängig (Art der Fensterlüftung, Raumvolumen und Feuchtegehalt der Raumluft, Windbewegung, relative Luftfeuchte und Temperatur der Außenluft).
Abschließend soll das „zeitversetzte“ Lüften genannt werden. Beim Kochen in der Küche und/oder dem Duschen im Bad entsteht temporär eine große Menge an Wasserdampf. Diese wird von der Raumluft so lange aufgenommen, bis die Relative Luftfeuchtigkeit Als relative Luftfeuchtigkeit wird das Verhältnis des vorhandenen Feuchtegehaltes der Luft zur möglichen Sättigungsfeuchte der Luft bei gleichem Druck und gesättigt ist. Gleichzeitig schlägt sich die Feuchtigkeit an der Oberfläche der Innenwände nieder – gut zu erkennen am „Beschlagen“ der Fensterscheiben, Spiegel oder Glastüren (Dusche) und dem hauchdünnen Wasserfilm z. B. auf Fliesen oder Untergründen aus Metall und dgl. Ursächlich hierfür ist die Adsorption Mit Adsorption wird die Aufnahme von Atomen, Ionen oder Molekülen eines Gases oder einer Flüssigkeit (Adsorbat) durch die Oberfläche eines (Anlagerung von Wassermoleküle auf dichten Oberflächen) im Gegensatz zu der Absorption Der Begriff kommt aus dem Lateinischen: absorbere = aufnehmen. Die Absorption ist die Aufnahme von Energie z. B. von Strahlungs- , bei der sorptionsfähige Baustoffe anfallenden Wasserdampf über Diffusion Als Diffusion (lat. = ausbreiten) wird ein physikalischer Vorgang des Vermischens bzw. eine durch Konzentrationsunterschiede hervorgerufene, gegenseitige Durchdringung zweier oder aufnehmen, speichern und bei sinkender relativer Luftfeuchte wieder abgeben ( Desorption Siehe Sorption. ). Die Sorptionsfähigkeit steigt mit der Porosität bzw. Diffusionsfähigkeit von Baustoffen und wird genutzt, um z. B. Feuchtigkeitsspitzen, die z. B. durch das Baden oder Duschen in Bädern oder Kochen in der Küche entstehen, abzupuffern. Hierbei darf nicht vergessen werden, dass auch bei sorptionsfähigen Baustoffen die Abtrocknung über Lüftung stattfinden muss, da Absorption und Desorption ein zeitlich begrenzter Vorgang ist. Zur Vermeidung von Feuchtigkeitsschäden muss deshalb ein Mindestluftwechsel Als Mindestluftwechsel in Gebäuden wird das Mindestmaß des Luftaustauschs zur Sicherstellung der hygienischen Mindestanforderungen der Nutzer an die Raumluftqualität, z. sichergestellt werden. Ansonsten wandert die gespeicherte Feuchte in das Innere des Bauteils und kann dort unter Umständen kondensieren. Deshalb müssen Innenräume, deren Wandoberflächen aus sorptionsfähigen Materialien bestehen, mehrmals gelüftet werden, damit die Feuchtigkeit, die bei der Desorption an die Innenraumluft abgegeben wird, nach außen abgeführt wird.