Schimmelpilzbefall in privat genutzten Innenräumen

Über den Schimmelpilzbefall in deutschen Wohnungen gibt es keine offiziellen Zahlen, weder vom statistischen Bundesamt noch einer der Fachbehörden wie z. B. dem Umweltbundesamt Zu den Aufgaben des Umweltbundesamtes (UBA) gehören u. a. die wissenschaftliche Unterstützung und Beratung des BMU und der Bundesregierung in oder Gesundheitsbehörden. Sämtliche Aussagen über einen mikrobiellen Befall Unter Befall wird die Besiedlung durch Schadorganismen (Mikroorganismen, Insekten oder Holzschädlinge) und die nachfolgende Einwirkung der Organismen auf das Holz, von 20% und mehr lassen die Quellen vermissen. Es sind Annahmen, die nicht selten interessengesteuert sind und Vermutungen, die als Fakten hingestellt werden. Es gibt nur eine Untersuchung1, die jemals zu diesem Thema in Deutschland durchgeführt wurde. In dieser wurden mehr als 5.500 Wohnungen begutachtet und Angaben zur Allergie Als Allergie (griechisch αλλεργία, „die Fremdreaktion“, von altgriechisch ἄλλος allos, „anders, fremd“ und ἔργον ergon, „die Arbeit, Reaktion“) versteht man - und Asthmaprävalenz von den mehr als 12.000 Bewohnern erfasst. Zielsetzung der Untersuchung war, ein Überblick über Feuchteschäden mit und ohne Schimmelpilzbefall sowie deren Ursachen zu schaffen und die hierfür notwendigen Umgebungsbedingungen zu analysieren. Außerdem sollte ein aus der Literatur bekannter Zusammenhang zwischen Feuchte- und/oder Schimmelpilzschäden mit Asthma und/oder anderen allergischen Erkrankungen hergestellt werden – und dies in einem repräsentativen Querschnitt des deutschen Wohnungsbestandes.

Im Rahmen dieser repräsentativen Wohnungsstudie wurden knapp 18.400 Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmer sowie knapp 13.500 Küchen, Bäder und Toilettenräume in Neu- und Altbauten (differenziert nach Baualter), in Ein- und Mehrfamilienhäusern untersucht. Bei der Auswahl der Gebäude und/oder der Wohnungen legte man großen Wert darauf, dass die unterschiedlichen Lüftungsarten wie manuelle Fensterlüftung, Zwangsbelüftung sowie raumlufttechnische Abluftanlagen genauso vertreten sind wie unterschiedliche Konstruktionen der Gebäudehülle (mit und ohne Wärmedämmung Wärmedämmung ist der Oberbegriff für bautechnische Maßnahmen an Gebäuden und die effizienteste Maßnahme zur Einsparung von Heiz- und Kühlenergie sowie ) sowie verschiedene Baustoffe. Des Weiteren erfolgte die Auswahl der Gebäude in unterschiedlichen Regionen (Stadt/ländlicher Raum), verschiedenen Umgebungsbedingungen, Eigentumsverhältnissen (Eigentümer/Mieter) sowie die Wohnungen nach der Belegungsdichte (Anzahl der Räume/Anzahl der Bewohner).

In den untersuchten 5.530 Wohnungen wurden 1.829 sichtbare Feuchteschäden und 513 Schimmelpilzschäden in 1.213 Wohnungen festgestellt. Demnach gibt es in mehr als jeder 5. Wohnung (21,9%) sichtbare Feuchteschäden und knapp jede 10. Wohnung (9,3%) weist einen sichtbaren Schimmelpilzbefall auf. Übertragen auf den Wohnungsbestand von 43,4 Mio. Wohnungen würde dies bedeuten, dass ca. 9,5 Mio. Wohnungen einen Feuchteschaden und etwas mehr als 4 Mio. Wohnungen einen Schimmelpilzbefall aufweisen.

Anschließend wurden die sichtbaren Feuchteschäden sowie der Schimmelpilzbefall nach Innenräume ihres Auftretens differenziert. Von den 1.829 sichtbaren Feuchteschäden zeigten sich 357 in Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmern (19,5%) und 272 (14,9%) in so genannten Funktionsräumen. Hierzu zählen Küchen, Bäder und Toiletten. Bei Schimmelpilzbefall dreht sich das Verhältnis. Dieser wurde in 315 Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmern (17,2%) und in 436 (23,8%) Küchen, Bäder und Toiletten festgestellt.

Feuchte- und/oder Schimmelpilzschäden nach Art der Innenräume und nach lokalisierten Stellen

In den weiteren Untersuchungen1 wurden die Stellen identifiziert, an denen Feuchte- und/oder Schimmelpilzschäden auftraten. Von den 1.829 sichtbaren Feuchteschäden zeigten sich 431 an der Innenseite einer Außenwand (23,6%), 84 an einer Innenwand (4,6%), 56 an Fenstern (3%) und nur 4 an Sanitärobjekten (0,2%). Sichtbarer Schimmelpilzbefall zeigte sich in 440 Fällen auf der Innenseite einer Außenwand (24%), in 24 Fällen auf Innenwänden (1,3%), in 153 Fällen auf Fenstern (8,3%) und in 114 Fällen an Sanitärobjekten (6,2%) sowie in 18 Fällen an sonstigen Stellen (1%).

Während das Verhältnis zwischen sichtbaren Feuchteschäden und/oder sichtbarem Schimmelpilzbefall zwischen Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmer einerseits und Küchen, Bäder und Toiletten andererseits nahezu ausgeglichen ist, zeigten sich in Bezug auf die lokalisierten Stellen deutliche Unterschiede. In 60% konnten Feuchte- und/oder Schimmelpilzschäden an der Innenseite von Außenwänden festgestellt werden. Bedauerlicherweise wurde die alles entscheidende Fragestellung in diesem Zusammenhang nicht untersucht: in wie vielen Fällen davon wies die Gebäudehülle keine Wärmedämmung auf. Auch wenn sich diese Frage für Energieberater und Bauexperten von allein beantwortet, wäre dies eine wichtige Erkenntnis aus den Untersuchungen gewesen. Dies ist einer von mehreren Kritikpunkten an der Studie1, auf die abschließend noch eingegangen wird.

Außerdem wurden in der Studie die sichtbaren Ursachen für sichtbare Feuchteschäden und/oder sichtbaren Schimmelpilzbefall untersucht – ein weiterer Kritikpunkt, da allgemein bekannt ist, dass vor allem die nicht sichtbaren Schadensursachen, die nicht sichtbaren Feuchteschäden und der versteckte Befall in der Feuchte- und/oder Schimmelpilzdiagnostik relevant sind. Weshalb die Untersuchungen diese wichtigen Fragestellungen ausgespart haben, kann nicht nachvollzogen werden. Von den 1.829 sichtbaren Feuchteschäden wurden 84 einem Leitungswasserschaden Ein Leitungswasserschaden beschreibt in der Versicherungswirtschaft den bestimmungswidrigen Austritt von Wasser aus einer Rohrleitung. Hierzu zählen zum Beispiel der unkontrollierte zugeordnet, 137 sollen auf Niederschläge durch Regenwasser zurückzuführen sein und 113 durch aufsteigende Feuchtigkeit verursacht worden sein. Sämtliche dieser Aussagen müssen bezweifelt werden, da diese ohne weitergehende Untersuchungen nicht zweifelsfrei festgestellt werden können. Erstaunlich ist, dass in 295 Fällen und somit fast genauso oft wie bei allen anderen Ursachen zusammen der Feuchteschaden keiner Ursache zugeordnet werden konnte. In Bezug auf Schimmelpilzbefall sind die Ergebnisse der Studie eher unbrauchbar. Bei dem festgestellten Schimmelpilzbefall wurden 43 einem Leitungswasserschaden zugeordnet, 24 sollen auf Niederschläge durch Regenwasser zurückzuführen sein und 73 durch aufsteigende Feuchtigkeit. Auch diese Aussagen müssen ernsthaft bezweifelt werden, da hierzu weitergehende Untersuchungen notwendig wären. Erstaunlich ist, dass in 611 Fällen und somit viermal so oft wie bei allen anderen Ursachen zusammen der Schimmelpilzbefall keiner Ursache zugeordnet werden konnte. Gerade die genaue Ursache dieser Fälle wäre interessant gewesen, zumal taupunktbedingtes Kondenswasser als mögliche Schadensursache in der Studie nicht einmal aufgeführt wurde. Zu der wichtigsten Frage liefert daher diese Studie1 keine Antwort. Nicht einmal einem Fünftel der Schimmelpilzschäden konnte eine eindeutige Ursache zugeordnet werden.

In den weiteren Ausführungen der Studie kommen die Verfasser zu dem Ergebnis, dass vor allem Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern betroffen sind, die über eine nicht gedämmte Gebäudeecke verfügen, in denen sich ein innenliegendes fensterloses Bad befindet und die Entlüftung über eine Schachtlüftung Die Schachtlüftung (auch als Auftriebslüftung bezeichnet) ist eine Form der freien Lüftung über vertikale oder mit einem Winkel von 45° stattfindet, in denen die Fenster keine umlaufende Dichtung aufweisen und in denen Haustiere gehalten werden. Erst danach spielen Faktoren wie das Lüftungsverhalten der Bewohner oder die Belegungsdichte der Wohnung eine Rolle. Brasche u. a. kommen zu dem Ergebnis, dass Schimmelpilzschäden nur in 5,8% durch Lüftungs- und/oder Heizgewohnheiten der Bewohner verursacht werden. Gerade der hohe Anteil an Feuchte- und/oder Schimmelpilzschäden auf der Innenseite von Außenwänden lässt daher fast zwangsläufig die Schlussfolgerung zu, dass bauliche Mängel und insbesondere eine unzureichende Wärmedämmung der Gebäudehülle als Hauptursache zu nennen sind.

So wertvoll die Studie1 für die Wohnungswirtschaft und alle Beteiligten in der Analyse Unter Analyse werden allgemein Untersuchungen verstanden, die das Zusammenspiel und die Abhängigkeit (Ursache-Wirkung) zwischen der Art, dem Ort und dem , Bewertung, Sanierung Der Begriff Sanierung im Kontext der Schimmelpilzsanierung beschreibt die Beseitigung von Gefahren, Gefährdungen oder Belästigungen durch mikrobiellen Befall bis hin und Vorbeugung von Feuchte- und/oder Schimmelpilzschäden ist – schon allein, weil es die Einzige dieser Art ist – darf dennoch über die Schwächen in der Methodik und Interpretation der Ergebnisse nicht hinweg gesehen werden. Die Hauptkritik richtet sich darauf, dass die Vor-Ort-Besichtigungen nicht von Bausachverständigen durchgeführt und sich nur auf sichtbare Feuchteschäden, sichtbaren Schimmelpilzbefall und sichtbare Ursachen konzentriert wurde. Gerade bei den multiplen Ursachen und oftmals komplexen Erscheinungsformen von Feuchte- und/oder Schimmelpilzschäden wurde somit ein breites Spektrum ausgeschlossen. Weitere Unschärfen in der Erhebung der Daten finden sich zudem bei festgestellten Feuchte- und/oder Schimmelpilzschäden an Fenstern, da eine wichtige Differenzierung zwischen Fensterdichtungen und -laibungen nicht vorgenommen wurde. Ähnlich verhält es sich bei der Wärmedämmung. Bei fast der Hälfte der untersuchten Objekte lagen keine Informationen vor, ob eine Wärmedämmung vorhanden ist. Gerade aufgrund von taupunktbedingtem Kondenswasser an Wärmebrücken Wärmebrücken (auch als Kältebrücken bezeichnet) sind Stellen in der Gebäudehülle, in denen örtlich begrenzt ein größerer Wärmefluss als im Übrigen als eine der Hauptursachen für Schimmelpilzbefall wäre dies eine wichtige Aussage gewesen. Genauso, wie in den Innenräumen, in denen Feuchte- und/oder Schimmelpilzbefall festgestellt wurde, wenigstens die Luftfeuchtigkeit In der Umgebungsluft befinden sich stets mehr oder weniger große Mengen an Wasserdampf. Der Anteil an Wasserdampf kann örtlich und hätte gemessen werden sollen.

Daher lässt sich zusammenfassen, dass die wichtigste Erkenntnis aus der Studie1 ist, dass in knapp 10% der Wohnungen Schimmelpilzbefall festgestellt wurde, allerdings nur der sichtbare Befall. Alle anderen Aussagen sollten kritisch hinterfragt werden. Hinzu kommt, dass die Studie im Jahr 2000 durchgeführt wurde und somit 25 Jahre alt ist. Seitdem hat sich der bauliche Zustand von Gebäuden durch energetische Sanierung der Gebäudehülle und in Wohnungen durch zunehmenden Einbau von Lüftungsanlagen verändert. Es ist davon auszugehen, dass die gleiche Studie heute und mit Bausachverständigen zu anderen Ergebnissen kommen würde. Dies sollte immer berücksichtigt werden, wenn sich auf diese Studie bezogen wird.

Eine Umfrage 2 unter 133 Wohnungsgesellschaften, die einen Wohnungsbestand von über 560.000 Wohnungen verwalten, ergab, dass über die Hälfte der Wohnbaugesellschaften (55%) im Durchschnitt in weniger als 10% der Wohnungen einen Feuchteschaden und/oder Schimmelpilzbefall haben. 30% von ihnen gaben an, dass dieses Problem bei bis zu 20% ihres Wohnungsbestandes besteht und 15% darüber. Nur zwei Wohnungsgesellschaften gaben an, dass in ihrem Wohnungsbestand zu über 30% Schimmelpilzbefall vorhanden ist. In den Ursachen unterscheiden sich die Angaben der Wohnungsgesellschaften. So gaben 60% an, dass Schimmelpilzbefall hauptsächlich nach dem Einbau neuer Fenster aufgetreten ist. 30% der Befragten gaben an, dass eine nachträgliche Wärmedämmung der Fassade in Kombination mit dem Einbau neuer Fenster zu einem erhöhten Schimmelpilzbefall geführt haben und nur 10%, dass die Ursache ausschließlich im Lüftungsverhalten der Bewohner liegt oder nicht genau bestimmt werden kann. Letzter Punkt ist dahingehend wichtig, da in knapp 70% der untersuchten Wohnungen ausschließlich manuell über Fenster gelüftet wurde. Auch wenn diese Umfrage aus dem Jahr 1997 stammt, werden die Kernaussagen durch die großen Wohnungsgesellschaften heute bestätigt. Diese sehen heute eher das Problem darin, dass Mieter, um Heizkosten zu sparen, die Heizkörper drosseln und somit die Raumtemperatur senken, ohne ihr bisheriges Wohn- und Lüftungsverhalten zu verändern. So bestätigt Hamburgs größter Vermieter, das kommunale Wohnungsunternehmen SAGA, dass sich die Meldungen über Schimmelpilzbefall in den knapp 140.000 Wohnungen leicht erhöht hat. Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen, die Vonovia mit ca. 550.000 Wohnungen, teilt dagegen mit, dass die Mängelanzeigen von Schimmelpilzbefall leicht zurück gegangen sind, und begründet dies mit dem hohen Wohnungsbestand, der bereits umfassend energetisch saniert wurde. Die Vivawest, eines der größten Wohnungsunternehmen in Nordrhein-Westfalen, stellt dagegen keine Veränderungen fest. Trotz der gestiegenen Energiepreise wurden in den 120.000 Wohnungen nicht mehr Fälle von Schimmelpilzbefall gemeldet. Dies kann die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 nicht bestätigen. In den knapp 7.000 Wohnungen wurden in diesem Winter unverhältnismäßig viele Fälle von Schimmelpilzbildung gemeldet. Die Genossenschaft führt diesen Anstieg um 57% gegenüber der vorherigen Heizperiode Eine gesetzliche Regelung zur Heizperiode gibt es in Deutschland nicht. Infolgedessen ist auch nicht geregelt, wann die Heizsaison startet bzw. direkt auf die Energieeinsparbemühungen der Mieter zurück. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn nicht gleichzeitig Schimmelpilzsanierungen im Umfang eines hohen fünfstelligen Betrages notwendig werden. Nach Aussagen der Genossenschaft musste für jede 30. Wohnung ein derartiger Auftrag vergeben werden.

 


1 S. Brasche, E. Heinz, T. Hartmann, W. Richter und W. Bischof in „Vorkommen, Ursachen und gesundheitliche Aspekte von Feuchteschäden in Wohnungen – Ergebnisse einer repräsentativen Wohnungsstudie in Deutschland“
2 Clausnitzer/Jahn in „Zur Notwendigkeit der Überprüfung und Reinigung von Lüftungsanlagen in Wohngebäuden“ (Bremer Energie-Institut)

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